Beschränkungen bei der Bestellung zum Geschäftsführer oder Vorstand
von RAin Dr. Evelyn Kelnhofer, Heidelberg
Am 26.06.2008 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Rechtsmissbräuchen (MoMiG) in der Form der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vom 24.06.2008 verabschiedet.
Das Gesetz befindet sich zurzeit noch im Gesetzgebungsverfahren beim Bundesrat und wird voraussichtlich nach der „Sommerpause“ im Herbst 2008 in Kraft treten.
I. Bedeutsame Änderungen auch in strafrechtlicher Hinsicht
Das MoMiG bringt neben wichtigen originär gesellschaftsrechtlichen Änderungen auch bedeuten-de Neuerungen in strafrechtlicher Hinsicht. So erfahren die in § 6 Abs. 2 GmbHG und § 76 Abs. 3 AktG geregelten absoluten Ausschlussgründe vom Amt eines Geschäftsführers einer GmbH oder eines Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft eine erhebliche Ausweitung. Nach der bisheri-gen, zurzeit noch geltenden Regelung kann eine Person im Falle einer strafrechtlichen Verurtei-lung während fünf Jahre nach Rechtskraft nur dann nicht Geschäftsführer oder Vorstandsmitglied sein, wenn es sich bei der Tat um einen Bankrott, eine Verletzung der Buchführungspflicht oder eine Gläubigerbegünstigung (Insolvenzdelikte im engeren Sinne) handelt. Demgegenüber werden zukünftig neben Verurteilungen wegen vorsätzlicher (allerdings nicht mehr wegen fahrlässiger) Insolvenzdelikte auch Verurteilungen wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung, wegen falscher Angaben über eine GmbH oder eine Aktiengesellschaft (§ 82 GmbHG, § 399 AktG) und wegen unrichtiger Darstellung über die Verhältnisse einer Gesellschaft oder eines Unternehmens (z.B. § 400 AktG, § 331 HGB) zwingend zum Ausschluss führen. Entsprechendes gilt für Verurteilungen wegen Betrugs- und Untreuedelikte, wenn zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ver-urteilt worden ist.
Das zukünftige Gesetz bringt demnach regelmäßig eine erhebliche Verschlechterung für (ange-hende) Geschäftsführer und Vorstände mit sich, die wegen einer oder mehrerer der genannten Straftaten (nicht länger als fünf Jahre zurückliegend) rechtskräftig verurteilt worden sind oder eine Verurteilung zu befürchten haben.
II. Übergangsregelung
Die im Gesetz vorgesehene „Übergangsregelung“ trägt nur in sehr eingeschränkter Weise dem Gedanken des Vertrauensschutzes Rechnung. Nach dem Gesetzes-wortlaut sind nämlich zwei Voraussetzungen erforderlich, um Vertrauensschutz zu genießen: Zunächst muss die Verurteilung vor dem Inkrafttreten des MoMiG rechtskräftig geworden sein. Daneben muss aber auch die Be-stellung zum Geschäftsführer oder zum Vorstandsmitglied schon vor Inkrafttreten des Gesetzes erfolgt sein.
Diese Regelung hat grundsätzlich zur Folge, dass Personen, die vor Wirksamwerden des Geset-zes wegen einer oder mehrerer der im Katalog genannten Taten bereits rechtskräftig verurteilt worden sind, für fünf Jahre ab Rechtskraft vom Amt eines Geschäftführers oder eines Vorstands-mitglieds ausgeschlossen sind und damit nach Inkrafttreten des Gesetzes für den noch nicht abge-laufenen Zeitraum dieser fünf Jahre nicht mehr für diese Ämter bestellt werden können. Vertrauensschutz genießt dieser Personenkreis nur, wenn das jeweilige Amt bereits vor Geltung des Gesetzes angetreten worden ist.
III. Handlungsbedarf
Von der Regelung Betroffene müssen sich überlegen, ob sie ein entsprechendes Amt in nächster Zeit übernehmen wollen. In diesem Fall besteht Handlungsbedarf und es muss dafür gesorgt wer-den, dass die Bestellung noch vor Inkrafttreten des MoMiG wirksam wird.
Handlungsbedarf besteht auch dann, wenn ein Wechsel der Geschäftsführertätigkeit angedacht ist und zukünftig etwa eine Geschäftsführerposition in einer anderen Gesellschaft übernommen wer-den soll. Denn es ist derzeit nicht verlässlich absehbar, wie weit der durch die Übergangsregelun-gen gewährte Vertrauensschutz interpretiert werden wird. Der Wortlaut spricht ohne nähere Präzi-sierung davon, dass die Neuregelung nicht auf Personen anwendbar ist, die vor Inkrafttreten des Gesetzes zum Geschäftsführer oder Vorstandsmitglied bestellt worden sind. Die Vorschriften sind wohl auch eng dahin zu verstehen, dass nur die bei Inkrafttreten bestehende konkrete Position eines Geschäftsführers oder Vorstandsmitglieds bei der konkreten Gesellschaft geschützt ist, nicht jedoch eine vergleichbare Position für eine andere oder weitere Gesellschaft. Ein vorsorgliches Handeln erscheint daher ratsam.
Für Personen schließlich, die wegen einer oder mehrerer der neuen Katalogtaten zwar noch nicht rechtskräftig verurteilt worden sind, gegen die aber wegen solcher Vorwürfe ermittelt wird, stellt sich zusätzlich die Frage, ob es Möglichkeiten gibt, das Verfahren zeitnah abzuschließen, um ebenfalls noch in den Genuss der „Übergangsregelung“ zu kommen. So ist etwa zu erwägen, in Fällen, in denen ein Strafbefehl ergangen ist, einen eingelegten Einspruch zurückzunehmen, um die Verurteilung rechtskräftig werden zu lassen.
In jedem Fall sollten von der Neuregelung betroffene Personen sich fachkundig beraten lassen, damit die notwendigen Entscheidungen unter Abwägung aller Gesichtspunkte getroffen werden können.
Die Autorin ist Mitglied des DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V., Brühl und Partnerin der Partnerschaftsgesellschaft KellerRechtsanwälte, Heidelberg, zu deren Tätigkeitsschwerpunkten das Wirtschafts- und Steuerstrafrecht zählt.
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