EU-Führerschein/ Fahren ohne Fahrerlaubnis: Pflichtverteidiger-Beiordnung wegen schwieriger Rechtslage möglich
Hier wurde gegen den Angeklagten ein Strafbefehl wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG) erlassen. Ihm wurde vorgeworfen im Besitz einer tschechischen Fahrerlaubnis zu sein, jedoch das Wohnsitzerfordernis für diese nicht erfüllt zu haben. Dafür hätte er seinen ordentlichen Wohnsitz für 185 Tage in der Tschechischen Republik haben müssen.
Der Angeklagte legte durch seinen Verteidiger form- und fristgerecht Einspruch gegen den Strafbefehl ein. Zudem beantragte der Verteidiger aufgrund der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage ihn nach § 140 Abs. 2 StPO als Pflichtverteidiger beizuordnen. Der Antrag wurde vom Amtsgericht Kelheim zurückgewiesen. Dagegen richtete sich die Beschwerde des Angeklagten, über die das LG Regensburg zu entscheiden hatte. Dieses vertritt die Ansicht, dass die Beiordnung eines Pflichtverteidigers geboten ist, da die Rechtslage in den Fällen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis wegen des sog. Führerscheintourismus als schwierig anzusehen ist. Die Rechtslage zu EU-Führerscheinen ist schon durch die sich ständig ändernde Rechtsprechung, insbesondere des EuGH, schwierig und nicht einfach zu überschauen. Dies gilt speziell für das Wohnsitzerfordernis. Gem. § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) gilt die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen mit einem EU-Führerschein nicht, wenn die Inhaber ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten.
Nicht klar ist, was mit der Formulierung "vom Ausstellerstaat herrührender unbestreitbarer Informationen" gemeint sei, insbesondere welche Qualität die Informationen haben müssen und wem sie eigentlich für die Begründung eine Strafbarkeit vorliegen müssen.
Die Beschwerde war daher erfolgreich.
LG Regensburg, 7 Qs 14/2010
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass das oben geschilderte Urteil nicht verallgemeinerungsfähig ist. Vielmehr bedarf es einer genauen Prüfung des Einzelfalls, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
Der Autor Sven Skana ist Fachanwalt für Verkehrsrecht, Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten im Betäubungsmittelrecht. Er ist Partner in der Kanzlei Roscher, Johlige & Partner in Berlin-Charlottenburg, Kurfürstendamm 28, 10 719 Berlin, Tel: 030/886 81 505.
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