Der Irrtum zwischen Vorstrafe und Offenbarungspflicht
Vielfach hört man im allgemeinen Sprachgebrauch, „vorbestraft“ sei man erst ab einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten – doch ist dies richtig?
Die Regelung des allgemeinen Sprachgebrauchs ist falsch, wenn sie die Tatsache, ob eine Vorstrafe vorliegt oder nicht, an der Strafhöhe festmacht. Tatsächlich werden nach § 3 Bundeszentralregistergesetz (BZRG) alle strafgerichtlichen Verurteilungen in das Bundeszentralregister aufgenommen.
Tatsächlich betrifft dieser Sprachgebrauch die sogenannte Offenbarungspflicht, die in § 53 BZRG geregelt ist. Danach brauchen eingetragene Straftaten nicht mehr offenbart zu werden, wenn diese nach den Bestimmungen des Gesetzes zu tilgen sind, sowie weiterhin die Straftaten, die nicht in ein Führungszeugnis aufzunehmen sind, bzw. nur in die speziellen Führungszeugnisse nach § 32 Abs. 3 oder 4 BZRG.
Wesentliche Bedeutung in der Praxis kommt hierbei schon allein aufgrund der Häufigkeit entsprechender Verurteilungen der Regelung zu, wonach Geldstrafen von nicht mehr als 90 Tagessätzen (also einschließlich des 90. Tagessatzes) und Freiheitsstrafen oder Strafarrest von nicht mehr als 3 Monaten nicht in ein Führungszeugnis aufgenommen werden.
Doch Vorsicht – diese Regelung gilt nur, wenn keine weitere Strafe im Register eingetragen ist. Dies bedeutet, dass auch strafrechtliche Verurteilungen zu wenigen Tagessätzen im Führungszeugnis landen, wenn der nächste Eintrag erfolgt.
Neben dieser Ausnahme von der Aufnahme in ein Führungszeugnis regelt § 32 BZRG noch eine Vielzahl weiterer Fälle. Hierbei wird in der Vorschrift erst einmal geklärt, welche Informationen überhaupt in das Führungszeugnis sollen (§ 32 Abs. 1 BZRG), um sodann die Ausnahmen aufzuzählen (§ 32 Abs. 2 BZRG) und letztlich in den Absätzen 3 und 4 wieder Fälle aufzuzählen, die die Ausnahmen einschränken.
Im Einzelfall sollte man immer die Prüfung, ob eine Offenbarungspflicht besteht, an Hand der konkreten strafrechtlichen Verurteilung vornehmen.
Ist die Frage der Offenbarungspflicht zur Klärung weiterer Rechtsfragen von Bedeutung, sollte man sich auch nicht vor den Kosten scheuen, ein Führungszeugnis zu beantragen und dieses in Verbindung mit den strafrechtlichen Verurteilungen einem Rechtsanwalt zur Prüfung vorzulegen, da neben den Einschränkungen in § 32 BZRG auch die dortigen Regelungen zu den Tilgungsfristen und der Durchführung der Tilgung komplex sind und die Prüfung durch Laien leicht zu einer falschen Beurteilung führen kann.
Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung:
Jürgen Möthrath
Rechtsanwalt/Fachanwalt für Strafrecht
Präsident des VdSRA Verband deutscher StrafrechtsAnwälte e. V.
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