Düsseldorfer Terminoptionsvermittler : Eine sittenwidrige Schädigung auch durch den US Broker?
Der Bundesgerichtshof hat in seiner aktuellen Entscheidung, Aktenzeichen:
XI ZR 41/09 die Vorinstanzen korrigiert und zur abschließenden Entscheidung an das OLG Düsseldorf zurückverwiesen.
Die im Zeitraum von Ende September 2001 bis Anfang Februar 2005 durchgeführten zahlreichen Terminoptionsgeschäfte des Klägers führten überwiegend und auch in der Summe zu Verlusten. Bei Beendigung der Geschäftsbeziehung Ende August 2005 erhielt der Kläger insgesamt 797,84 € zurück. Den Differenzbetrag von 426.862,16 € zum eingezahlten Kapital zuzüglich Zinsen sowie außergerichtliche Kosten in Höhe von 2.475,20 € macht er mit der Klage geltend.
Das Brokerhaus mit Sitz im US-Bundesstaat New Jersey wird auf Schadensersatz für Verluste aus Terminoptionsgeschäften an US-amerikanischen Börsen in Anspruch genommen.
Der Kläger schloss im Jahr 2001 nach vorausgegangener telefonischer Werbung mit der - später unter B. & K. GmbH einen formularmäßigen Geschäftsbesorgungsvertrag über die Besorgung und Vermittlung von Termingeschäften. Darin verpflichtete sich B. unter anderem zur Vermittlung eines Brokereinzelkontos bei der Beklagten. Unter der mit "Vergütung" überschriebenen Ziffer 4 dieses Vertrages heißt es unter anderem wie folgt:
"Für den Kunden entstehen die folgenden Transaktionskosten:
Bei Aktienoptionen wird pro Optionskontrakt eine Kommission bis zu USD 125,-- pro Markthandlung, also für Ein- und Ausstieg erhoben. Der Minimum-Auftrag beträgt pro Markthandlung 5 Optionen. Von der Kommission erhält die B. GmbH bis zu USD 101,-- pro Option und USD 24,-- verbleiben bei dem kontoführenden Institut.
Die B. GmbH erhebt auf eingehende Beträge eine Managementgebühr von 10 %.
Zusätzlich belasten noch transaktionsabhängige Gebühren von Börsen- und Aufsichtsinstitutionen, die der Kunde in Betracht ziehen muss.
Ein Geschäft kann dabei mehrere Kontrakte umfassen.
Die konkreten Kosten für das von Ihnen beabsichtigte Geschäft werden Ihnen gerne auf Anfrage bekanntgegeben.
Ein Geschäft umfasst mehrere Kontrakte (mindestens fünf), für die Kontraktprovisionen und/oder Gebühren jeweils nach Anzahl der Kontrakte anfallen. …"
Im Zusammenhang mit dem Abschluss des Geschäftsbesorgungsvertrages legte B. dem Kläger ein englischsprachiges Vertragsformular der Beklagten ("Option Agreement and Approval Form") vor, das in Ziffer 15 seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch eine Schiedsklausel enthält und das der Kläger am 27. September 2001 unterzeichnete.
Diese Schiedsklausel erfüllt nicht die in Art. II des New Yorker Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 (BGBl. 1961 II S. 121; im Folgenden: UNÜ) vorgeschriebene Form, die auch in der - hier gegebenen - Einredesituation des § 1032 Abs. 1 ZPO gewahrt sein muss, wenn die Schiedsabrede - wie hier - zu einem ausländischen Schiedsspruch im Sinne von Art. I Abs. 1 UNÜ führen - 10 - kann (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 1987 - II ZR 124/86, WM 1987, 1153, 1155; Senatsbeschluss vom 21. September 1993 - XI ZR 52/92, WM 1993, 2121, 2122, jeweils mwN).
Dabei hat der BGH folgenden weitergehenden Leitsatz geprägt:
Gestaltet ein ausländischer Broker seine Vertragsformulare so, dass seine Unterzeichnung der dort aufgeführten Schiedsabrede nicht vorgesehen ist, kann seinem Vertragspartner, der das Formular zwar selbst unterschrieben hat, sich aber auf die Formnichtigkeit der Schiedsabrede beruft, kein widersprüchliches Verhalten vorgeworfen werden.
Der Kläger verhält sich nicht widersprüchlich, indem er sich auf die Formungültigkeit der Schiedsklausel beruft. Dabei kann dahinstehen, ob das Verbot widersprüchlichen Verhaltens dem UNÜ inhärent ist und es danach einer Partei, die eine Schiedsvereinbarung unterschrieben hat, verwehrt sein kann, unter Hinweis darauf, dass der die Schiedseinrede erhebende Vertragspartner sie selbst nicht unterschrieben hat, die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung geltend zu machen (vgl. Reithmann/Martiny/Hausmann, Internationa-les Vertragsrecht, 7. Aufl., Rn. 6698, mwN).
Denn dem Kläger kann schon deswegen kein widersprüchliches Verhalten vorgeworfen werden, weil die Beklagte sich ihrerseits widersprüchlich verhalten hat. Sie hat nicht nur von vornherein im Vertragsformular ein Unterschriftenfeld und damit eine Unterschrift für sich selbst nicht vorgesehen, sondern zusammen mit den Kontoauszügen das Merkblatt "Terms and Conditions" mit einer Schiedsklausel übersandt, die mit der in Ziffer 15 der Geschäftsbedingungen inhaltlich nicht übereinstimmt.
Zustandekommen und Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung bemessen sich im Kollisionsfall nach den Regeln des deutschen internationalen Privatrechts (BGHZ 40, 320, 322 f.; 49, 384, 386). Die danach im Streitfall zeitlich noch anwendbaren Art. 27 ff. EGBGB aF (BGH, Beschluss vom 21. September 2005 - III ZB 18/05, WM 2005, 2201, 2203) führen zur Geltung des Statuts des Hauptvertrages, mit dem die Schiedsvereinbarung regelmäßig die engste Verbindung im Sinne von Art. 28 Abs. 1 EGBGB aF aufweist (vgl. BGH, Beschluss vom 21. September 2005 - III ZB 18/05, WM 2005, 2201, 2203), wenn eine ausdrückliche auf sie bezogene Rechtswahl fehlt. Das ist hier der Fall.
Rechtsfehlerhaft ist wurde zudem die Begründung, mit der das OLG Düsseldorf als Berufungsgericht die Klage, abgewiesen hat, soweit sie auf die Teilnahme der Beklagten an einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung (§§ 830, 826 BGB) durch B. gestützt wird, als unbegründet.
Die Begründung, das eine Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen Teilnahme an einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung durch B. bzw. BLS gemäß §§ 826, 830 BGB verneint hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
In diesem Zusammenhang hat das Berufungsgericht eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung wegen unzureichender Risikoaufklärung des Klägers durch B. und eine Beteiligung der Beklagten hieran allenfalls in objektiver Hinsicht für möglich gehalten.
Dagegen hat es eine Beteiligung der Beklagten in subjektiver Hinsicht verneint, weil nichts dafür ersichtlich sei, dass die Beklagte Kenntnis von einer unterlassenen bzw. unzureichenden Risikoaufklärung des Klägers durch B. bzw. BLS gehabt habe, und zu einer solchen Annahme auch keinen Anlass gehabt habe. Dies ist bereits im Ansatz rechtsfehlerhaft, weil es, wie der Senat in seinem nach Erlass der Berufungsentscheidung ergangenen Urteil vom 9. März 2010 (XI ZR 93/09, WM 2010, 749, Tz. 26 f., zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) entschieden hat, auf die unzureichende Risikoaufklärung nicht entscheidend ankommt. Denn neben der - hier nicht maßgeblichen - Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen haftet der Vermittler auch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB, wenn sein Geschäftsmodell darauf angelegt ist, für den Anleger chancenlose Geschäfte zum ausschließlich eigenen Vorteil zu vermitteln. Einem solchen Vermittler geht es allein darum, hohe Gewinne zu erzielen, indem er möglichst viele Geschäfte realisiert, die für den Anleger aufgrund überhöhter Gebühren und Aufschläge chancenlos sind. Sein Geschäftsmodell zielt damit von vornherein ganz bewusst darauf ab, uninformierte, leicht-gläubige Menschen unter sittenwidriger Ausnutzung ihres Gewinnstrebens und ihres Leichtsinns als Geschäftspartner zu gewinnen und sich auf deren Kosten zu bereichern.
MJH Rechtsanwälte, Herr Rechtsanwalt Martin J. Haas meint: Für das Brokerunternehmen besteht die Gefahr tatsächlich für den Schaden des Kunden haften zu müssen, wenn das OLG Düsseldorf an die letzte einschlägige Verurteilung des BGH anknüpft.
Für die Betroffenen geschädigten Anleger besteht jetzt hinreichende Hoffnung zu obsiegen.
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