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Hans-Georg Herrmann
Dr. Thalhofer, Herrmann & Kollegen
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Änderung von Umlage- und Verteilungsschlüsseln, Entlastung des Verwalters

Der Bundesgerichtshof hatte am 09.07.2010 (V ZR 202/09) über den Fall einer Wohnungseigentümergemeinschaft zu entscheiden, die im Rahmen ihrer Eigentümerversammlung den Beirat für ein zurückliegendes Wirtschaftsjahr entlastet hatte und über einen Wirtschaftsplan Beschluss gefasst hat.

Der Wirtschaftsplan sollte rückwirkend gelten und seine Gültigkeit bis zur Beschlussfassung über einen neuen Wirtschaftsplan behalten. In dem Wirtschaftsplan wurde ein Umlageschlüssel zugrunde gelegt, der nicht dem Inhalt der Teilungserklärung entsprach, so aber bereits seit Jahren gehandhabt wurde. Die Beschlüsse wurden angefochten. Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen, das Landgericht die angefochtenen Beschlüsse für ungültig erklärt. Der Bundesgerichtshof hat diese Entscheidung des Landgerichtes bestätigt.

Nach der Entscheidung bleibt folgendes festzuhalten:

1.
Gemäß § 16 Abs. 3 WEG können die Wohnungseigentümer einen durch Vereinbarung festgelegten Umlageschlüssel für Betriebs- und Verwaltungskosten auch durch einen Mehrheitsbeschluss abändern. Dies ergibt sich nicht aus dem Gesetzestext aber aus den Gesetzesmaterialien. Aus diesen lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass diese Beschlusskompetenz auch rückwirkende Regelungen gestattet. Das heißt, dass ein in der Teilungserklärung vereinbarter Umlageschlüssel für Betriebs- und Verwaltungskosten durch Beschluss für die Zukunft geändert werden kann.

Für die Vergangenheit kommt eine rückwirkende Änderung nur dann in Betracht, wenn hierfür besondere Umstände vorliegen, z. B. der bisherige Schlüssel unbrauchbar oder in hohem Maße unpraktikabel ist oder dessen Anwendung zu grob unangemessenen Ergebnissen führt. Wird ein für die Vergangenheit gefasster Beschluss angefochten, so ist es Sache der beklagten Wohnungseigentümer, solche Ausnahmetatbestände dazulegen. Begründet wird dies mit Vertrauensschutzüberlegungen.

2.
Für Beschlüsse zur Instandhaltungs- oder Instandsetzungsrücklage gilt nicht § 16 Abs. 3 WEG, sondern § 16 Abs. 4 WEG. Danach können die Wohnungseigentümer durch Beschluss von der Vereinbarung in der Teilungserklärung abweichende Verteilungsmaßstäbe nur für den Einzelfall der Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahme treffen. In einem Wirtschaftsplan wird jedoch die Kostenverteilung nicht für einen Einzelfall, sondern für eine unbestimmte Anzahl noch nicht feststehender Instandhaltungs- und Instandsetzungs-maßnahmen getroffen.

3.
Soweit der Umlageschlüssel nach § 16 Abs. 3 WEG für die Zukunft, also für künftige Fälle geändert wird, kommt eine konkludente oder stillschweigende Beschlussfassung dadurch, dass dem Wirtschaftsplan, über den Beschlussfassung erfolgt, der geänderte Schlüssel zugrunde liegt, nicht in Betracht.

Andernfalls wäre die erforderliche Transparenz nicht gewahrt. Für einen Kaufinteressenten oder sonstigen Rechtsnachfolger ist nämlich allein durch Einsicht in den Wirtschaftsplan dann nicht erkennbar, dass hier gleichzeitig ein Beschluss über die Änderung des Verteilungsschlüssels gefasst wurde. Es empfiehlt sich also, hier zunächst einen Beschluss zu fassen, der nur die Änderung des Umlageschlüssels für Betriebs- und Verwaltungskosten beinhaltet.

4.
Legt ein Verwalter eine fehlerhafte Abrechnung vor, so ist dies mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung nicht in Einklang zu bringen, so dass die Entlastung des Verwalters zu versagen ist. Wird sie trotzdem erteilt, widerspricht dies einer ordnungsgemäßen Verwaltung. Verfügt die Wohnungseigentümergemeinschaft über einen Verwaltungsbeirat, so gilt dies auch für ihn.

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