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Norbert Gieseler
Meinhardt, Gieseler & Partner mbB Kanzlei für Wirtschaftsrecht
Rathen­auplatz 4-8
90489 Nürnberg

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Das Unternehmertestament

von DASV-Vizepräsident Dr. Norbert Gieseler, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuer- und Erbrecht, Nürnberg
Bei der Gestaltung des Unternehmertestaments können sehr leicht Fehler gemacht werden, die oftmals gravierende Folgen haben.


Diese Fehler resultieren oft daraus, dass private und unternehmerische Belange im Rahmen der Gestaltung des Testaments nicht konsequent von-einander getrennt werden. Auch treffen hier mehrere Rechtsgebiete aufeinander, die eigent-lich nicht kompatibel sind.
Mit den nachfolgenden Ausführungen möchte ich einen Überblick geben, anhand welcher Überlegungen ein Testament eines Unternehmers zu gestalten ist:
I.
Ausgangspunkt einer jeglichen Gestaltung im unternehmerischen Bereich ist:
Wer ist in der Lage und willens, das Unternehmen oder die Unternehmensbe-teiligung fortzuführen?
Natürlich wird man erst einmal innerhalb der Familie nach einem oder mehreren geeigneten Nachfolgern suchen. Sollte ein solcher innerhalb der Familie nicht vorhanden sein, besteht die Möglichkeit der Installation eines Fremdgeschäftsführers, so dass das Unternehmen wirt-schaftlich nach wie vor innerhalb der Familie gehalten wird.
Aber auch dem Gedanken einer teilweisen oder vollständigen Veräußerung sollte man sich nicht „per se“ verschließen.
II.
Sollte der potentielle Nachfolger gefunden sein, muss bei allen Unternehmen, die nicht als „Einzelfirma“ geführt werden, als nächstes der Gesellschaftsvertrag zu Rate gezogen werden.

Das Gesellschaftsrecht und das Erbrecht weichen oft erheblich voneinander ab, was regelmä-ßig zu einem Ergebnis führt, welches mit Sicherheit nicht gewollt ist.
Beispiel:
Ein Mitgesellschafter einer oHG, verheiratet, zwei Kinder, hat seine Ehefrau als testamentarische Erbin eingesetzt. Im Gesellschaftsvertrag ist geregelt, dass ein oder mehrere Abkömmlinge als Nachfolger in Betracht kommen.
Stirbt nunmehr der oHG-Gesellschafter, erbt seine Frau nicht die oHG-Beteiligung, da sie kein Abkömmling ist. Die Kinder erhalten die Geschäftsan-teile der oHG auch nicht, da sie nicht Erben sind. Stattdessen scheidet der ver-storbene oHG-Gesellschafter aus der Gesellschaft aus. Seine Ehefrau erhält als Erbin eine Abfindung, die in der Regel deutlich unter dem Verkehrswert liegt.
Es ist daher unbedingt erforderlich, dass die Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag auch den gewünschten Nachfolger zulässt. Gegebenenfalls muss der Gesellschaftsvertrag ange-passt werden.
Es gibt aber auch Gesellschaftsverträge, die überhaupt keine Nachfolgeklausel enthalten. Auch dies kann problematisch sein; so ist beispielsweise beim Tod eines Gesellschafters ei-ner Gesellschaft bürgerlichen Rechts diese Gesellschaft zwingend aufzulösen und zu liquidie-ren. Auch das ist in der Regel nicht gewünscht.
III.
Als nächstes geht es an die Gestaltung des Testaments als solches. Hierbei ist einiges von besonderer Bedeutung:
1.
Im Testament sollte in Abstimmung mit dem Gesellschaftsvertrag deutlich geregelt werden, wer Unternehmensnachfolger werden soll. Diese Person muss nicht unbedingt als Erbe eingesetzt werden. Sie kann auch per Vermächtnis das Unternehmen oder die Unternehmensbeteiligung erhalten.

Gegebenenfalls ist über eine Testamentsvollstreckung nachzudenken, um dem Nach-folger – zumindest für eine Übergangszeit – Hilfe zur Seite zu stellen.
Eine Erbengemeinschaft des Unternehmensnachfolgers, die aus mehreren Personen be-steht, sollte möglichst verhindert werden, da die gesetzlichen Regelungen der Erben-gemeinschaft für einen Unternehmer vollkommen ungeeignet sind. So können wichtige Entscheidungen nur einstimmig getroffen werden; auch kann jeder Miterbe jederzeit die Auflösung der Erbengemeinschaft verlangen, was in der Regel zur Zerschlagung des Unternehmens führen würde. In diese Rechte der Miterben können auch Gläubiger hineinvollstrecken, was sicherlich ebenfalls nicht erwünscht ist.
In der Regel sollte daher nur eine Person als Unternehmensnachfolger benannt werden. Sollten dennoch mehrere Personen eingesetzt werden, ist zu empfehlen, dass im Testa-ment bereits eine sogenannte Teilungsanordnung vorgenommen wird. Das heißt, in dem Testament wird bereits geregelt, welche Aufgaben welcher Unternehmensnachfol-ger zu übernehmen hat. Zur Durchsetzung dieser Teilungsanordnung kann wiederum an eine Testamentsvollstreckung gedacht werden.
Bei der Gestaltung des Testaments kommt es häufig vor, dass der „weichende Erbe“ wirtschaftlich schlechter behandelt wird. Diese Ungleichbehandlung muss manchmal in Kauf genommen werden, um das Unternehmen als solches erhalten zu können. Hier-bei muss allerdings auch berücksichtigt werden, dass der Unternehmensnachfolger auch ein unternehmerisches Risiko übernimmt. Zur Kompensation dieser Ungleichbehand-lung können Vermögenswerte aus dem privaten Bereich herangezogen werden. Gege-benenfalls muss hier aber über Pflichtteilsverzichtsvereinbarungen mit dem „weichen-den Erben“ nachgedacht werden.
2.
Bei der Gestaltung des Testaments sind unbedingt auch die steuerlichen Gesichtspunkte zu beachten. Hierbei geht es nicht nur um die Erbschaftsteuer, sondern auch um die Er-tragsteuer (Einkommensteuer, Körperschaftsteuer). Sollte es nämlich dazu kommen, dass bei der Unternehmensnachfolge Vermögenswerte des Unternehmens in das Privat-vermögen überführt werden, also aus dem Unternehmen herausgenommen werden, liegt ein Entnahmegewinn vor mit der Folge, dass die in diesem Gegen-stand befindli-chen stillen Reserven voll und sofort zu versteuern sind. Es muss also unbedingt darauf geachtet werden, dass das gesamte Betriebsvermögen in dem Unternehmen auch nach dem Erbfall verbleibt. Andersherum muss auch darauf geachtet werden, dass Privat-vermögen im Erbfall nicht zum Betriebsvermögen wird.
Beispiel:
Ein Unternehmer, verheiratet, ein Kind, ist alleiniger Inhaber einer GmbH. Das Betriebsgrundstück hält er im Privatvermögen. Es liegt also eine soge-nannte Betriebsaufspaltung vor mit der Folge, dass das Betriebsgrundstück, obwohl es privat gehalten wird, zum Betriebsvermögen dazuzuzählen ist. Setzt nunmehr der Unternehmer seinen Sohn als seinen Nachfolger ein, bestimmt aber, dass das Grundstück aus Versorgungsgründen an die Ehefrau gehen soll, würde nach seinem Tode bezüglich des Grundstücks ein Entnahmegewinn entstehen. Sämtliche dort verborgenen stillen Reserven müssten aufgedeckt und sofort versteuert werden. Dieses Problem
hätte er zu Lebzeiten lösen können, indem er das Grundstück beispielsweise in eine gewerblich geprägte Personengesellschaft eingebracht hätte. Vererbt er nun diese gewerblich geprägte Personengesellschaft an seine Ehefrau und die GmbH-Anteile an seinen Sohn, müssen keine stillen Reserven aufgedeckt werden.
Es muss aber auch darauf acht gegeben werden, dass kein Privatvermögen in das Be-triebsvermögen eingebracht wird.
Beispiel:
Oben benannter Unternehmer ist Alleingesellschafter einer GmbH. Das Grundstück, von dem aus die GmbH seine unternehmerische Tätigkeit entwi-ckelt, steht im Eigentum der Ehefrau, an die Miet- und Pachtzins bezahlt wer-den. Setzt nunmehr die Ehefrau ihren Ehemann als ihren Alleinerben ein, wird das Grundstück im Fall ihres Versterbens zum notwendigen Betriebsvermö-gen, so dass alle dort vorhandenen stillen Reserven im Fall einer späteren Ver-äußerung des Grundstücks voll zu versteuern sind. Zuvor, bei der Ehefrau, war das Grundstück Privatvermögen, so dass stille Reserven (nach Ablauf der Spekulationsfrist) nicht zu versteuern waren.
Weiterhin ist darauf zu achten, dass eventuelle Zahlungen des Unternehmensnachfol-gers an „weichende Erben“, die aus dem Betriebsvermögen erfolgen, Entnahmen sind. Diese Entnahmen müssen vom Unternehmensnachfolger versteuert werden. Sollte aus dem laufenden Gewinn unter Berücksichtigung der hierbei anfallenden Steuer diese Abfindung nicht bezahlt werden können, wird es erforderlich sein, Vermögensgegens-tände des Unternehmens zu verwerten. Auch hierdurch können stille Reserven aufge-deckt werden mit den bereits bekannten steuerlichen Folgen.
Bei der Gestaltung des Testaments ist nachher unbedingt zwischen den privaten Ver-mögensgegenständen und den betrieblichen Vermögensgegenständen zu unterscheiden. Hierbei kommt es auf die steuerlichen Begriffe und nicht auf die Eigentumsbegriffe an. Auch privat gehaltenes Vermögen kann steuerlich Betriebsvermögen sein. Soweit bei der Gestaltung des Testaments steuerliches Betriebsvermögen an einen Nichtunterneh-mensnachfolger vererbt wird, liegt immer eine Entnahme dieser Vermögensgegenstän-de vor mit der Folge, dass eventuelle stille Reserven aufzudecken und zu versteuern sind.
3.
Erbschaftssteuerliche Vorschriften sind ebenfalls zu berücksichtigen. Soweit dem Un-ternehmensnachfolger eine finanzielle Belastungen durch die Erbschaftsteuer entsteht, ist zwingend die Überlegung anzustellen, wie diese Erbschaftsteuer bezahlt werden kann, denn auch hier gilt das gleiche wie bei Abfindungszahlungen gegenüber „wei-chenden Erben“. Soweit die Zahlung nicht aus dem Privatvermögen erfolgt, muss sie daher erst einmal der eigenen Steuerpflicht unterzogen werden, so dass die Erbschafts-teuer nur aus dem bereits versteuerten Gewinn gezahlt werden kann.
4.
Schließlich muss man sich Gedanken über die Versorgung der Hinterbliebenen machen. Beispielsweise die Ehefrau soll auch nach dem Tode des Unternehmers ausreichend wirtschaftlich versorgt sein. Soweit diese Versorgung nicht aus dem Privatvermögen si-chergestellt ist, kann dies durch Einräumung eines Nießbrauchs, einer Rente oder einer dauernden Last erfolgen, wobei der Nießbrauch ein sehr umfassendes Recht darstellt. In der Regel bietet sich hier an, die wirtschaftliche Versorgung durch eine Rentenzahlung oder eine dauernde Last, die vom Unternehmensnachfolger zu bewerkstelligen ist, ab-zusichern.
5.
Schließlich sind Pflichtteilsansprüche zu berücksichtigen. Soweit ein „weichender Er-be“ durch die Gestaltung des Testaments weniger als die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils bekommt, hat dieser Pflichtteilsansprüche. Hinzuzurechnen sind nach derzeiti-gem Recht weiterhin Schenkungen der letzten 10 Jahre bzw. Schenkungen an den Ehe-gatten während der Ehezeit. Der Gesetzgeber plant derzeit, die „starre“ 10-Jahres-Frist durch ein „Abschmelzungsmodell“ zu ersetzen, bei dem die Schenkung prozentual im-mer weniger Berücksichtigung findet, desto weiter sie zurückliegt. Auch diese Schen-kungen können Pflichtteilsergänzungsansprüche auslösen, soweit hierdurch der wei-chende Erbe weniger als die Hälfte des gesetzlichen Erbteils erhält. Die Geltendma-chung derartiger Pflichtteilsansprüche führt dazu, dass der „weichende Erbe“ einen Geldanspruch gegen den Erben oder den Beschenkten hat. Die Realisierung dieses
Geldanspruches muss aus freiem Vermögen möglich sein, da anderenfalls der Er-be/Unternehmensnachfolger in wirtschaftliche Schwierigkeiten kommen könnte. Muss er sich beispielsweise derartige Pflichtteilsansprüche durch Verwertung von Unterneh-mensgegenständen erst einmal beschaffen, liegt in der Veräußerung dieser Unterneh-mensgegenstände eine Entnahme vor mit der Folge, dass diese Entnahme zu versteuern ist. Es muss also erst einmal die Steuer bezahlt werden. Anschließend kann der verblei-bende Betrag zur Erfüllung von Pflichtteilsansprüchen herangezogen werden. Pflicht-teilsansprüche können auf diesem Wege also sehr teuer werden.
IV.
Schlussbemerkung:
Zusammenfassend ist daher zu sagen, dass die Gestaltung des unternehmerischen Testaments gesellschaftsrechtliche, erbrechtliche und steuerliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen hat. Wichtigster Aspekt hierbei ist natürlich die Auswahl (und ggf. das Finden) eines geeigneten Nachfolgers. Bei der Umsetzung dieser geplanten Unternehmensnachfolge muss dann das Gesellschaftsrecht, sprich der Gesellschaftsvertrag, berücksichtigt werden. Im Rahmen der testamentarischen Gestaltung ist eine saubere Einsetzung des Unternehmensnachfolgers erforderlich, unter Berücksichtigung insbesondere steuerlicher Aspekte. Soweit Steuern nicht verhindert werden können, muss bereits bei der Verfassung des Testaments darüber nachge-dacht werden, aus welchen Vermögensmassen diese Steuer entrichtet werden kann. Es macht keinen Sinn, einen Nachfolger einzusetzen, der infolge der sich hieraus ergebenden Steuern betriebserforderliche Anlagegegenstände verwerten muss, um erst einmal die Steuer bezahlen zu können, wenn dadurch das Unternehmen anschließend nicht mehr überlebensfähig ist.
Der Autor ist Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirt-schaft e.V.
Für Rückfragen steht Ihnen der Autor gerne zur Verfügung
Dr. Norbert Gieseler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuer- und Erbrecht
Vizepräsident der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung
für die mittelständische Wirtschaft e. V.
c/o RAe. Dr. Scholz & Weispfenning
Königstorgraben 3
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