McAdvo Anwaltssuche – Finden Sie einen Rechtsanwalt - Österreich
 
 
Sylvio Schiller
B2.legal Rechtsanwälte PartmbB
Leipziger Platz 9
10117 Berlin


» zum Anwaltsprofil

Auskunftsanspruch geht ins Leere

Durch die Änderung des Urhebergesetzes zum 1. September 2008 wurde den Rechteinhabern ein Auskunftsanspruch gegen Telekommunikationsunternehmen (Internetprovider) eingeräumt. Dieser Anspruch zielt auf die Herausgabe der Nutzerdaten, wenn eine Urheberrechtsverletzung im gewerblichen Ausmaß vorliegt und es soll den Medienunternehmen ermöglichen, gegen Urheberechtsverletzungen vorzugehen.

Bereits vor Wirksamwerden der Gesetzesänderung wurde immer wieder darauf verwiesen, dass die Gesetzesformulierung sehr ungenau ist und bisher nicht abschließend geklärt ist, was der Gesetzgeber mit „gewerbliches Ausmaß“ meint. In der Gesetzesbegründung wurde von privater Nutzung bei einem Lied bzw. einer Datei gesprochen.
Auf Grundlage der Gesetzesänderung wurden nun seitens der Rechteinhaber bereits bei verschiedenen Gerichten entsprechende Anträge gestellt. Dabei zeichnen sich bei der praktischen Umsetzung des § 101 UrhG (Auskunftsanspruch) tatsächlich einige Schwierigkeiten ab und die Rechteinhaber (z. B. Musikindustrie) kann den von ihren Lobbisten geforderten und nun auch gesetzlich normierten Anspruch nicht in dem Umfang anwenden wie gewünscht.

Das Landgericht Köln hat in seinem Beschluss vom 2.September 2008 (AZ: 28 AR 4/08) den Anspruch bejaht, wenn es sich um eine einzige Datei handelt, bei deren Inhalt es sich um ein Lied unmittelbar nach der Veröffentlichung handelt. Außerdem bejaht das Gericht auch die Eilbedürftigkeit und verzichtet auf die Gewährung rechtlichen Gehörs, da die Verbindungsdaten innerhalb von 7 Tagen gelöscht werden.
Den Gegenstandswert in diesem Verfahren legte das Landgericht mit 9 x 200,00 Euro fest, dabei lässt sich noch nicht beurteilen, ob damit je IP-Adresse 200,00 Euro angesetzt werden oder jeweils für eine Gesamtaufstellung mehrerer IP-Adressen. Sollten sich diese Kosten auf jede einzelne IP-Adresse beziehen, dürfte dieser Weg für die Rechteinhaber schnell uninteressant werden, da eine erhebliche Vorleistungspflicht die Folge wäre. Der Ersatzanspruch hinsichtlich dieser Gerichtskosten besteht lediglich gegenüber dem tatsächlichen Verletzer. Häufig ist aber der ermittelte Anschlussinhaber gar nicht derjenige der die Urheberrechtsverletzung begangen hat. Wird der tatsächliche Verletzer aber nicht zweifelsfrei ermittelt, werden diese Kosten regelmäßig von dem Antragsteller zu tragen sein.

Ganz anders hat das Landgericht Frankenthal in seinem Beschluss vom 15. September 2008 (AZ.: 6 O 325/08) entschieden, denn die dortigen Richter haben angenommen „herrschende Praxis“ sei, dass ein gewerbliches Ausmaß erst ab rund 3 000 Musiktiteln bzw. 200 Filmen, die zum Download angeboten werden, gegeben ist. Woher die Richter diese herrschende Meinung haben, dürfte spannend werden und es ist auch anzunehmen, dass der Antragsteller Rechtsmittel einlegen wird. In dem Beschluss wird lediglich auf die seitens der Generalstaatsanwaltschaft umgesetzte Praxis verwiesen. Dies dürfte aber nicht ohne weiteres auf den hier relevanten Anspruch zu übertragen sein. Keineswegs sollten sich Internetuser aufgrund dieses Urteils in Sicherheit wägen, denn wie das Urteil des Landgerichtes Köln zeigt, gibt es auch andere Auffassungen und diese dürften überwiegen.

Interessant sind auch die Ausführen des LG Frankenthal zu der Frage, ob der Anschlussinhaber auch Rechteverletzer sei. Wie bereits oben angemerkt, wird dies häufig nicht der Fall sein. Das Gericht selber brachte das Beispiel öffentlicher Hotspots und führ hierzu aus:

„Nichts anderes kann für die immer zahlreicher werdenden Betreiber eines öffentlichen WLAN-Anschlusses (sog. „HotSpots"), wie Internet-Cafes, Flughäfen, Hotels, Büchereien, Gemeinden etc. gelten. Gerade bei diesen vermag auch das Argument, es sei dem Anschlussinhaber technisch möglich und wirtschaftlich zuzumuten, seinen Anschluss durch Verschlüsselung zu schützen, nicht zu verfangen, da das Wesen dieser „HotSpots" gerade darin besteht, jedermann - je nach Ausgestaltung unentgeltlich oder gegen Bezahlung - einen Internetzugang für einen gewissen Zeitraum zur Verfügung zu stellen, ohne auf das individuelle Surf- oder Downloadverhalten des jeweiligen Nutzers entscheidenden Einfluss nehmen zu können.„
In wie weit diese Auffassung von anderen Gerichten geteilt wird, dürfte mehr als fraglich sein, denn damit lässt dich der Auskunftsanspruch völlig aushöhlen.
Für die Rechteinhaber ist der Auskunftsanspruch von erheblicher Bedeutung, da in den letzten Wochen und Monaten die meisten Staatsanwaltschaften erklärten, zukünftig nicht mehr bei einfachen Urheberechtsverletzung zu ermitteln. Somit kann der Verletzer nicht mehr über ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft in Erfahrung gebracht werden, um ihn dann zivilrechtlich zu belangen. Es bleibt spannend, wie die Gerichte diesen neuen Anspruch auf Dauer umsetzen werden.

 
«  zurück