Teilzeitanspruch im Arbeitsverhältnis: Genereller Anspruch und Anspruch während der Elternzeit
(Stuttgart) Im deutschen Arbeitsrecht gilt der Grundsatz, dass jeder Beschäftigte einen Anspruch hat, in Teilzeit zu arbeiten. Dieser Grundsatz gilt nicht nur für Vollzeitbeschäftigte, sondern auch für Teilzeitbeschäftigte.
Die Voraussetzungenfür den Teilzeitanspruch, so der Düsseldorfer Fachanwalt für ArbeitsrechtStefan Schlöffel, Mitglied im VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V.mit Sitz in Stuttgart, hat der Gesetzgeber für Beschäftigte im Teilzeit- undBefristungsgesetz (nachfolgend TzBfG) geregelt. Zusätzlich ist imBundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (nachfolgend BEEG) der Teilzeitanspruchfür Beschäftigte während der Elternzeit geregelt. Bislang fehlt eineGegenüberstellung, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen dennebeneinander stehenden Ansprüchen auf einen Blick zu erkennen. Dies soll mitder nachfolgenden Übersicht erreicht werden:
| genereller Teilzeitanspruch nach dem TzBfG | Teilzeitanspruch während der Elternzeit nach dem BEEG |
Anspruchsvoraussetzungen | | |
Wartefrist | Bestand des Arbeitsverhältnisses länger als sechs Monate | Bestand des Arbeitsverhältnisses länger als sechs Monate |
Beschäftigtenanzahl | es müssen mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt sein | es müssen mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt sein |
Häufigkeit der Geltendmachung | Geltendmachung nur einmal alle zwei Jahre | zweimal Verringerung der Arbeitszeit möglich |
Umfang und Dauer | keine Grenzen, unbefristet | nur zwischen 15 und 30 Wochenstunden möglich und mindestens für zwei Monate |
vomBeschäftigten zu beachten | | |
Antrag | Verringerung und Umfang der Verringerung, Verteilung nicht zwingend | Verringerung und Umfang der Verringerung, kein Anspruch auf bestimmte Verteilung |
Antragform | Antrag auch mündlich möglich | Antrag schriftlich erforderlich |
Frist | drei Monate vor Beginn | sieben Wochen vor Beginn |
vom Arbeitgeber zu beachten | | |
Gespräch mit Beschäftigtem | eine Erörterung mit dem Beschäftigten ist zwingend erforderlich | Gespräch gewünscht, aber nicht zwingend |
Ablehnungsrecht,Frist | ein Monat vor gewünschtem Beginn der Verringerung | vier Wochen nach Antrag |
Form der Ablehnung | schriftlich, Begründung nicht erforderlich | schriftlich mit Begründung |
Folgen der Ablehnung | Klagemöglichkeit oder Antrag auf Einstweilige Verfügung des Beschäftigten | Klagemöglichkeit oder Antrag auf Einstweilige Verfügung des Beschäftigten |
Folgen der Fristversäumung | Zustimmung gilt als erteilt | Klagemöglichkeit oder Antrag auf Einstweilige Verfügung des Beschäftigten |
- Voraussetzungen im Einzelnen:
Beschäftigte habengenerell nur einen Anspruch auf Teilzeitarbeit in einem Arbeitsverhältnis, daslänger als sechs Monate besteht. Maßgebend ist der Zeitpunkt der Antragstellungund nicht der Beginn der gewünschten Teilzeitarbeit. Sowohl für Ansprüche nachdem TzBfG als auch nach dem BEEG gilt, dass dieser Anspruch nur besteht, wennder Arbeitgeber ohne Auszubildende mehr als15 Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen beschäftigt. Im Gegensatz zum sog.Schwellenwert im Rahmen des Kündigungsschutzgesetzes wird nur einePro-Kopf-Zählung vorgenommen; es gilt also beispielsweise nicht, dassTeilzeitkräfte mit weniger als 20 Wochenstunden nur mit demFaktor 0,5 gezählt werden. Dies hat zur Konsequenz, dass beispielsweiseauch ein Arbeitgeber, der zwei Vollzeitkräfte beschäftigt und 14 sog.Geringfügig Beschäftigte dem Anspruch auf Teilzeitarbeit außerhalb und imRahmen der Elternzeit ausgesetzt ist. Beschäftigte im Rahmen eines sog. Gemeinschaftsbetriebeswerden aber nicht zusammengezählt.
Der Anspruch desBeschäftigten nach dem TzBfG, also außerhalb der Elternzeit, kann nur einmalalle zwei Jahre geltend gemacht werden, nachdem der Arbeitgeber einer Verringerungzugestimmt oder sie berechtigt abgelehnt hat. Der Teilzeitanspruch im Zusammenhangmit der Elternzeit kann jedoch während der Gesamtdauer der Elternzeit zweimalgeltend gemacht werden, ist jedoch - im Gegensatz zum generellenTeilzeitanspruch - nur zwischen 15 und 30 Wochenstunden und für mindestenszwei Monate möglich.
Hinsichtlich desAntragsinhalts gilt für beide Anträge, dass der Beschäftigte die Verringerungund den Umfang der Verringerung eindeutig verlangt. Eine Verteilung derVerringerung ist in beiden Fällen nicht zwingend erforderlich. Der Antrag mussso formuliert sein, dass der Arbeitgeber diesen mit „ja“ annehmen kann. Begehrtder Beschäftigte nur eine Verringerung der Arbeitszeit, überlässt er damitderen Verteilung dem Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts. Wenn derBeschäftigte auch eine Verteilung geltend macht, kann er, muss aber nicht,angeben, ob die gewünschte Verteilung Bedingung für sein Verringerungsbegehrenist. Der Beschäftigte ist auch befugt, eine bestimmte Verteilung nur hilfsweisegeltend zu machen. Wenn er jedoch auf jeden Fall eine bestimmte Verteilungwünscht, muss er dies spätestens im Erörterungsgespräch mit dem Arbeitgebergeltend machen, weil danach eine Bindung an seinen Antrag eintritt.
Während der Antragder Teilzeitarbeit außerhalb der Elternzeit von dem Beschäftigten auch mündlichgestellt werden kann, ist der Antrag während der Elternzeit nur schriftlichmöglich. Generell empfiehlt sich jedoch, immer einen schriftlichen Antrag zustellen. Außerhalb der Elternzeit muss der Beschäftigte den Antrag drei Monatevor dem gewünschten Beginn der Teilzeitarbeit stellen, im Rahmen der Elternzeitsieben Wochen vor dem gewünschten Beginn.
- Vom Arbeitgeber zu beachten:
Der Gesetzgeber gehtdavon aus, dass Teilzeitarbeit, sowohl was die Verkürzung als auch was dieVerteilung der Arbeitszeit betrifft, primär einvernehmlich zwischen Arbeitgeberund Beschäftigten vereinbart werden soll. Wird ein Teilzeitanspruch außerhalbder Elternzeit geltend gemacht, muss der Arbeitgeber beachten, dass er aufjeden Fall eine Erörterung, d. h., ein Gespräch mit dem Beschäftigten zum Zweckder Einigung führt. Eine schriftliche Ablehnung, die einen Monat vor demgewünschten Beginn der Verringerung durch den Arbeitgeber zu erfolgen hat,sollte dem Gesetz entsprechend erst nach der Erörterung erfolgen. Unterlässtder Arbeitgeber die Erörterung mit dem Beschäftigten und lehnt dessen Begehreninnerhalb der Einmonatsfrist ab, wird zwar nicht der Teilzeitanspruch desBeschäftigten fingiert, aber der Arbeitgeber kann dem Beschäftigten keineEinwendungen mehr entgegenhalten, die im Rahmen der Erörterung hättenausgeräumt werden können.
Beim Teilzeitbegehrenwährend der Elternzeit soll zwar nur eine Erörterung zwischen Beschäftigtem undArbeitgeber dem Gesetz nach stattfinden, es empfiehlt sich jedoch auch hier,immer das Gespräch mit dem Beschäftigten zu suchen und zu führen. Eine Einigungsoll innerhalb von vier Wochen erreicht werden und der Arbeitgeber muss einenförmlichen Antrag des Beschäftigten innerhalb von vier Wochen mit schriftlicherBegründung ablehnen.
Lehnt der Arbeitgeberden Antrag auf Teilzeit ab, hat der Beschäftigte in beiden Fällen dieMöglichkeit, Klage vor dem zuständigen Arbeitsgericht einzureichen oder eineEinstweilige Verfügung zu beantragen. Versäumt allerdings der Arbeitgeber imFalle des Antrags außerhalb der Elternzeit die einmonatige Ablehnungsfrist,gilt die Zustimmung zum Teilzeitbegehren als erteilt. Hier ist also besondereVorsicht geboten. Wird die Frist im Rahmen des Antrages während der Elternzeitdurch den Arbeitgeber versäumt, bleibt dem Beschäftigten auch in diesem Fallnur die Klagemöglichkeit oder der Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung.
- Ablehnungsgründe des Arbeitgebers:
Einigen sichArbeitgeber und Arbeitnehmer nicht, hängt die Durchsetzung des Anspruchs davonab, ob der Arbeitgeber dem Anspruch betriebliche Gründe entgegensetzen kann. Außerhalbder Elternzeit genügt, dass der Arbeitgeber rational nachvollziehbare Gründehat. Im Gegensatz zum Teilzeitanspruch im Rahmen der Elternzeit, wo dringendebetriebliche Gründe erforderlich sind. Die Gründe müssen jedoch hinreichendgewichtig sein. Der Arbeitgeber kann deshalb die Ablehnung nicht allein mitseiner abweichenden unternehmerischen Vorstellung von der „richtigen“Arbeitszeitverteilung begründen. Hinreichend gewichtig sind die Gründe immerdann, wenn die Verringerung der Arbeitszeit, die Organisation, den Arbeitsablaufoder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßigeKosten verursacht; wobei diese Aufzählung im Gesetz nicht abschließend ist. Inder Praxis sind die Punkte „Sicherheit im Betrieb“ und „unverhältnismäßigeKosten“ zu vernachlässigen; es geht immer um die Fälle der wesentlichenBeeinträchtigung der Organisation und/oder der Arbeitsabläufe. DasBundesarbeitsgericht prüft in einem sog. Dreistufenmodell wie folgt:
- Ist überhaupt ein bestimmtes Organisationskonzept beim Arbeitgeber vorhanden?
- Inwiefern steht dieses Konzept dem Verlangen des Arbeitnehmers entgegen?
- Inwiefern sind entgegenstehende Gründe gewichtig, d. h., inwiefern findet eine wesentliche Beeinträchtigung statt?
Beispielsweise stehendem Teilzeitanspruch keine betrieblichen Gründe entgegen, wenn es demArbeitgeber möglich und zumutbar ist, für die ausfallende Arbeitszeit eineErsatzkraft anzustellen. Dazu muss der Arbeitgeber bei der Agentur für Arbeitnach einem geeigneten Bewerber suchen und die Stelle inner- und/oderaußerbetrieblich ausschreiben.
Ein betrieblicherGrund besteht auch dann nicht, wenn der Arbeitgeber die ausfallende Arbeitszeitdurch die Einstellung einer Teilzeitkraft ausgleichen kann. Ein Organisationskonzeptkann beispielsweise in einem Produktionsbetrieb mit Mehrschichtarbeitszeitdarin bestehen, jede Schicht mit zwei Betriebselektrikern zu besetzen.Anerkannt ist auch ein sog. servicefreundliches Organisationskonzept derGestalt, dass der Arbeitgeber so weitgehend wie möglich sicherstellen will,dass seine Kunden jeweils nur einen Verkäufer als Ansprechpartner haben.
Beschäftigt jedochder Arbeitgeber in ähnlichen oder vergleichbaren Bereichen bereits eineTeilzeitkraft, ist eine berechtigte Ablehnung des Teilzeitwunsches fastausgeschlossen.
Das Teilzeitbegehrendes Beschäftigten im Rahmen der Elternzeit kann nur berechtigt aufgrunddringender betrieblicher Gründe abgelehnt werden. An das objektive Gewicht derAblehnungsgründe sind erhebliche Anforderungen zu stellen, die der Begriff„dringend“ verdeutlicht. Die entgegenstehenden betrieblichen Interessen müssenzwingende Hindernisse für die beantragte Verkürzung der Arbeitszeit sein. Diebloße Behauptung, es bestehe keine Beschäftigungsmöglichkeit, genügt zurschlüssigen Darlegung der Zustimmungsverweigerung nicht. Die zugrunde liegendenTatsachen sind zu bezeichnen wie beispielsweise Schließung des Betriebs/derAbteilung, Auflösung der Arbeitsgruppe, Verlagerung der Arbeiten auf Dritte undähnliche Umstände. Wie auch im Kündigungsrecht ist näher zu konkretisieren,aufgrund welcher Umstände kein betrieblicher Beschäftigungsbedarf besteht.
Hat der Arbeitgeberfür die Dauer der Elternzeit eine Vollzeitkraft als Vertretung befristet eingestellt,die nicht bereit ist, ihre Arbeitszeit zu verringern und sind keine anderenBeschäftigungsmöglichkeiten vorhanden, insbesondere weil auch anderevergleichbare Mitarbeiter zu keiner Verringerung ihrer Arbeitszeit bereit sind,kann sich der Arbeitgeber auf dringende betriebliche Gründe berufen, die demAnspruch auf Verringerung der Arbeitszeit entgegenstehen. Anders ist dieAusgangslage, wenn der Arbeitgeber für die Dauer der Elternzeit eineVollzeitkraft trotz rechtzeitig angekündigter Elternzeit unbefristeteingestellt hat. Zwar begründet das BEEG für den Beschäftigten im Gegensatz zumTzBfG keinen Anspruch auf eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit, so dass eshinsichtlich der Bestimmung der Lage der gewünschten verringerten Arbeitszeitbeim Weisungsrecht des Arbeitgebers verbleibt. Die Ausübung diesesWeisungsrechts hat sich jedoch nach billigem Ermessen zu richten. Ist der Beschäftigtewegen seiner familiären Einbindung auf eine bestimmte Lage seiner Arbeitszeitangewiesen, gebührt seinen Interessen regelmäßig der Vorrang. Letztendlich istes für den Arbeitgeber praktisch kaum möglich, die gewünschte Verteilung durchdringende betriebliche Gründe abzuwehren.
Fachanwalt Schlöffel empfahl,zu allen Fragen im Arbeitsrecht ggfs. Rechtsrat in Anspruch zu nehmen, wobei eru. a. auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. –www.vdaa.de – verwies.
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Stefan Schlöffel
Rechtsanwalt
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