Staatsanwaltschaft Bonn sieht mangelnden Tatverdacht in Telekom-Spitzelaffäre/Keine Anklage ...
(Kiel) In der Bespitzelungsaffäre der Deutschen Telekom gab die Bonner Staatsanwaltschaft am 14. Juni 2010 bekannt, dass der frühere Konzernchef Ricke und der Ex-Aufsichtsratsvorsitzende Zumwinkel aus Mangel an Beweisen nicht angeklagt werden. Es sei gegen sie kein hinreichender Tatverdacht festgestellt worden.
Darauf verweist der Münchner Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Daniel Amelung, Vizepräsident des VdSRA-Verband deutscher StrafrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Worms, unter Hinweis auf die Mitteilung der Staatsanwaltschaft (StA) Bonn vom 14. Juni 2010.
Die von der Staatsanwaltschaft Bonn in Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt geführten Ermittlungen im Zusammenhang mit der sogenannten „Spitzel-Affäre" im Bereich der Deutsche Telekom AG (DTAG) sind danach abgeschlossen.
Mit Verfügung vom 08.06.2010 ist gegen 4 Beschuldigte Anklage vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Bonn erhoben worden. Ihnen wird gemeinschaftlicher strafbarer Verstoß gegen §§ 43, 44 BDSG in Tateinheit mit Verletzung des Fernmeldegeheimnisses, bzw. Beihilfe hierzu, zur Last gelegt. Gegen einen Beschuldigten, den damaligen Leiter der Unterabteilung KS 3 der DTAG (Leiter KS 3), wurde darüber hinaus Anklage wegen Untreue in drei Fällen, davon zwei als besonders schwere Fälle, sowie zweifachen Betruges im besonders schweren Fall erhoben, gegen den beschuldigten Unternehmer aus Berlin des Weiteren Anklage wegen Beihilfe zur Untreue in einem besonders schweren Fall in zwei Fällen sowie wegen versuchter Erpressung.
Nachdem am 20.01.2005 in der Zeitschrift „Capital" ein von dem Redakteur Kowalewsky verfasster Artikel über die vertrauliche mittelfristige Planung des Unternehmens erschienen war, beauftragte der damalige Vorstandsvorsitzende des Unternehmens den Leiter KS 3 damit, den in den Reihen des Aufsichtsrats vermuteten Informanten zu ermitteln.
Daraufhin veranlasste dieser die mit datenschutzrechtlichen Vorschriften nicht zu vereinbarende Erhebung von Telefonverbindungsdaten, um auf diese Weise Erkenntnisse über Telefonverbindungen von Mitgliedern des Aufsichtsrats und bestimmten Journalisten zu gewinnen. Er bediente sich hierzu eines Mitarbeiters seiner Abteilung sowie eines Mitarbeiters der damaligen T-Mobile. Mit der vorzunehmenden Auswertung der erhobenen Telefondaten beauftragte er die Firma Network GmbH in Berlin. Im Rahmen dieses unter der Bezeichnung „Rheingold" geführten Projekts kam es zur Erhebung von Daten und deren Auswertung betreffend insgesamt 34 Mobil- und Festnetzanschlüsse von Journalisten und Aufsichtsratsmitgliedern der DTAG. Spätestens Anfang 2006 beauftragte der Leiter KS 3 die Firma Network im Rahmen eines sogenannten Projekts „Clipper" damit, vorsorglich erhobene Verbindungsdaten von Journalisten und Redakteuren von Zeitungen, die laufend über die geschäftliche Tätigkeit der DTAG berichteten, zu erfassen und auszuwerten, um in Falle weiterer Indiskretionen Verbindungen zwischen ihnen und möglichen Hinweisgebern aufdecken zu können. Nach den Ermittlungen waren hiervon fünf Journalisten betroffen. Für ihre „Dienstleistungen" stellte die Firma Network der DTAG zunächst im Oktober 2005 einen Betrag in Höhe von über 330.000,00 Euro und später im November 2006 einen solchen in Höhe von über 350.000,00 Euro in Rechnung.
Obwohl die Vereinbarung über gesetzwidrigere Erhebungen und Auswertungen von Daten gegen Strafgesetze verstieß und deshalb zivilrechtlich nichtig war (§ 134 BGB), was den Beteiligten bewusst war, veranlasste der Leiter KS 3 die Anweisung der Beträge. Dadurch verstieß er gegen die ihm im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB obliegende besondere Vermögensfürsorgepflicht.
Darüber hinaus verwendete er in den Jahren Jahr 2004 und 2005 zur dienstlichen Aufgabenerfüllung überlassene Geldbeträge in Höhe von 25.000,00 Euro, 150.000,00 Euro und 180.000,00 Euro treuwidrig für sich. In einem an den damaligen Chefsyndikus der DTAG gerichteten Schreiben drohte der Inhaber der Firma Network, er werde den Aufsichtsratsvorsitzenden des Unternehmens über die von ihm im Auftrag des Leiters KS 3 durchgeführten rechtswidrigen Datenauswertungen unterrichten, falls die DTAG weiterhin eine aus seiner Sicht noch ausstehende Forderung in Höhe von 338.881,00 Euro für Datenauswertungen nicht begleiche. Eine Zahlung erfolgte nicht, vielmehr wurde die Staatsanwaltschaft Bonn eingeschaltet.
Gegen weitere Beschuldigte ist das Verfahren nach Mitteilung der Bonner Staatsanwaltschaft eingestellt worden, betont Amelung.
Soweit sich das Verfahren gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der DTAG, Kai Uwe Ricke, und den ehemaligen Vorsitzenden des Aufsichtsrats der DTAG, Dr. Klaus Zumwinkel, den damaligen Leiter des Vorstands- und Aufsichtsratsbüros der DTAG sowie den Abteilungsleiter Konzernsicherheit der DTAG und zwei weitere Mitarbeiter der Abteilung „KS" wegen des Verdachts von Verstößen gegen § 43, 44 BDSG, § 206 StGB und § 266 StGB richtete, ist es mangels hinreichenden Tatverdachts gem. § 170 Abs. 2 Satz 1 StPO eingestellt worden.
Ihre Einlassungen, sie hätten keine Kenntnis von den illegalen Ermittlungsmethoden der jetzt angeklagten Personen gehabt, an ihnen nicht mitgewirkt oder sie in Auftrag gegeben, konnte nicht mit der zur Anklageerhebung erforderlichen hinreichenden Sicherheit widerlegt werden, zumal die Durchsuchungen nicht zur Auffindung von verfahrensrelevanten Beweismitteln geführt haben.
Im Falle der in der öffentlichen Berichterstattung wiederholt genannten Beschuldigten Ricke und Dr. Zumwinkel ist zwar davon auszugehen, dass sie ausweislich der Angaben eines Zeugen und der von ihm gefertigten Aufzeichnungen spätestens am 31.10.2005 anlässlich einer Besprechung im Posttower in Bonn mündlich darüber informiert wurden, dass in 2005 im Rahmen der Ermittlungen der Abteilung Konzernsicherheit Telefonverbindungsdaten insbesondere zu den Anschlüssen des Zeugen Kowalewsky und/oder des Aufsichtsratsmitglieds Wegner erhoben worden sind.
Es konnte aber nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden, dass diese Beschuldigten bereits vor diesem Zeitpunkt hiervon Kenntnis hatten oder aber wussten, dass derartigen Maßnahmen andauerten. Kenntnis bestand hinreichend sicher erst zu einem Zeitpunkt, als die Taten aus Sicht der Beschuldigten bereits beendet waren. Insoweit ist anzumerken, dass keiner der mit der Erhebung oder Auswertung von Telekommunikationsdaten unmittelbar befassten Personen jemals direkten Kontakt zu den Beschuldigten hatte. Allein feststellbare „Schnittstelle" war der Leiter KS 3, der sich indes zum Kenntnisstand der Beschuldigten Dr. Zumwinkel und Ricke nicht eingelassen hat.
Das Verfahren gegen weitere sieben Beschuldigte aus dem Bereich DTAG und Network ist abgetrennt worden und soll mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts in einem gesonderten Vorgang einer Verfahrenserledigung gem. §§ 153 Abs. 1, 153a Abs. 1 StPO zugeführt werden.
Amelung riet, in allen strafrechtlich relevanten Fällen ggfs. rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf die auf Strafrecht spezialisierten Anwälte und Anwältinnen in dem VdSRA-Verband deutscher StrafrechtsAnwälte e. V. - www.vdsra.de - verwies.
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