Hausübertragung schon zu Lebzeiten auf die Kinder ratsam? Alterssicherung nicht immer vorzeitig aufgeben
(Nürnberg) Alljährlich stehen insbesondere ältere Mitbürger vor der Frage, ob sie Haus- und Grundeigentum vorzeitig bereits zu Lebzeiten auf ihre Nachkommen übertragen sollen oder nicht.
Während bei „betuchteren“ Familien die vorzeitige Immobilienübertragung häufig ein beliebtes Mittel ist, den Nachkommen eine höhere Erbschaftsteuer im Todesfall zu ersparen, sollten Mitbürger, bei denen das Einfamilienhaus den wesentlichen Vermögensgegenstand darstellt, eher vorsichtig mit einer vorzeitigen Übertragung sein, warnt der Nürnberger Erb- und Steuerfachanwalt Dr. Norbert Gieseler, Vizepräsident der Deutschen Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. (DANSEF) in Nürnberg. Es gelte zu bedenken, dass man nach der Übertragung nicht mehr „Herr im eigenen Haus“ sei. So kennt der Erbrechtsfachmann aus eigener Praxis Fälle, wo der Sohn als neuer Eigentümer monatelang auf Reisen war und seine Eltern in dieser Zeit händeringend versuchten, seine Zustimmung zur Eintragung einer kleinen Grundschuld auf das Haus zu erhalten, um das „Dach reparieren“ zu können. Auch wenn die vorzeitige Übertragung des Haus- und Grundeigentums in der Regel durch die Einräumung eines lebenslangen Wohn- oder Nießbrauchsrecht und dessen Eintragung im Grundbuch für den Übertragenden abgesichert werde, heiße dies noch nicht, dass man sich dieser Stellung bis zu seinem Lebensende auch sicher sein könne. Dies gelte insbesondere dann, so Gieseler, wenn die Kinder, z. B. zum Zwecke der Geschäftsgründung, einen Kredit aufnehmen, zu dessen Besicherung das übertragene Haus herangezogen wird. Da das im Grundbuch eingetragene Wohn- oder Nießbrauchsrecht einen „kapitalisierten“ Wert darstelle, der den Forderungen der finanzierenden Bank im Falle einer notwendig werdenden Zwangsversteigerung vorangehe, werde von der finanzierenden Bank in aller Regel verlangt, dass der Berechtigte des Wohn- und Nießbrauchsrechts mit seinem Recht hinter die einzutragende Grundschuld oder Hypothek zurücktrete und dieser den Vorrang einräume, betont Gieseler.
Kann der Sohn dann eines Tages den Kredit nicht mehr bedienen und es kommt zu einer Zwangsversteigerung, sind „Haus und Hof“ oft verloren, weiß auch der Stuttgarter Erbrechtsfachanwalt Michael Henn, ebenfalls Vizepräsident der Vereinigung, aus beruflicher Erfahrung. Da bei Zwangsversteigerungen häufig nur ein Bruchteil des tatsächlichen Immobilienwertes erzielt werde, können die Berechtigten in der Regel auch nicht mehr mit einer finanziellen Entschädigung in Geld für das verlorene Wohn- oder Nießbrauchsrecht rechnen.
In der Regel werde der Versteigerungserlös von der fälligen Hauptforderung und den aufgelaufenen Zins und Zinseszinsen sowie der weiteren Kosten völlig aufgefressen, betont Henn ausdrücklich. Vor diesem Hintergrund mahnten denn auch beide Erbrechtsexperten, vorzeitige Hausübertragungen nur bei vorhandenen, anderen finanziellen, Mitteln vorzunehmen und sich insbesondere vor jeder geplanten Maßnahe ausreichend rechtlich beraten zu lassen. * Bundesweit rd. 700 auf Erb- und Familienrecht spezialisierte Anwälte finden Sie unter – www.dansef.de –
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