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Justus Kehrl
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Zur Aufklärungspflicht des Verkäufers bei Asbest

Zur Aufklärungspflicht des Verkäufers bei Asbest

Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle
Nr. 66/2009
Zur Aufklärungspflicht des Verkäufers bei Asbest
Der u. a. für Rechstreitigkeiten über Ansprüche aus Kaufverträgen über Grundstücke zuständige
V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte sich mit folgendem Fall zu befassen, der zwei
für die Rechtspraxis bedeutsame Fragen aufwirft:
Mit notariellem Vertrag vom 4. Oktober 2006 kauften die Kläger von den Beklagten ein
Hausgrundstück unter Ausschluss der "Gewähr für Fehler und Mängel". Das Wohngebäude
war im Jahre 1980 in Fertigbauweise errichtet worden. In der Außenfassade waren Asbestzementtafeln
verarbeitet worden. Über diesen Umstand klärten die Beklagten die Kläger nicht
auf, obwohl zuvor bereits ein anderer Kaufinteressent wegen der Asbestverkleidung von seinen
Kaufabsichten abgerückt war.
Die Kläger verlangen Schadensersatz in Höhe der Kosten für die Asbestsanierung. Land- und
Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht meint, eine im Jahr
1980 mit Asbestzementplatten errichtete Hausfassade stelle keinen Mangel dar, der Gegenstand
einer Offenbarungspflicht habe sein können. Ansprüche wegen Verschuldens bei Vertragsschluss
seien ausgeschlossen.
Die Revision hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die
Sache zur neuen Entscheidung und Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Er hat entschieden, dass Baustoffe, die bei der Errichtung eines Wohnhauses gebräuchlich
waren, später aber als gesundheitsschädlich erkannt worden sind, einen offenbarungspflichtigen
Sachmangel begründen können. Das sei jedenfalls dann anzunehmen, wenn Baumaterialien
Stoffe enthalten, die schon in geringen Dosen karzinogen wirken, und die ernsthafte Gefahr
besteht, dass diese Stoffe bei üblicher Nutzung, Umgestaltung oder Renovierung des
Kaufobjekts austreten. Insbesondere liege eine erhebliche Einschränkung der Nutzbarkeit
eines Wohngebäudes vor, wenn übliche Umgestaltungs- Renovierungs- und Umbaumaßnahmen
nicht ohne gravierende Gesundheitsgefahren vorgenommen werden könnten. Das gelte
jedenfalls für solche Arbeiten, die üblicherweise auch von Laien und nicht nur von mit dem
Umgang gefährlicher Baustoffe vertrauten Betrieben des Fachhandwerks vorgenommen würden.
Das Berufungsgericht wird daher festzustellen haben, ob diese Voraussetzungen bei dem
von den Klägern erworbenen Haus erfüllt sind.
Darüber hinaus hat der Senat entschieden, dass Ansprüche wegen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen
nach Gefahrübergang (im Regelfall mit der Übergabe der Kaufsache)
jedenfalls dann nicht durch die kaufrechtlichen Regelungen der §§ 434 ff. BGB ausgeschlossen
werden, wenn der Verkäufer den Käufer über die Beschaffenheit der Sache arglistig getäuscht
hat. Daher wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob den Beklagten ein arglistiges
Verhalten vorzuwerfen ist.
Urteil vom 27. März 2009 – V ZR 30/08
LG Lüneburg - 5 O 104/07 - Urteil vom 30. August 2007
OLG Celle - 8 U 203/07 - Urteil vom 7. Februar 2008
Karlsruhe, den 27. März 2009
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
 
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