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Justus Kehrl
WEISSKOPF Rechtsanwälte Partnerschaft
Juri-Gagarin-Ring 53
99096 Erfurt


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Geschäftsgeheimnisse contra effektivem Rechtsschutz

Der Energieversorger der seine Kalkulation nicht offen legen möchte, muss darlegen bei Offenlegung welcher konkreten Geheimnisse er welche Nachteile zu befürchten hätte.
Bei der Abwägung zwischen den Interessen des effektiven Rechtsschutzes gegenüber der Schutz der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse ist auch die Möglichkeit des Ausschlusses der Öffentlichkeit und eine Geheimhaltungsverpflichtung der Parteien zu berücksichtigen.


Der Energieversorger der seine Kalkulation nicht offen legen möchte, muss darlegen
bei Offenlegung welcher konkreten Geheimnisse er welche Nachteile zu befürchten
hätte.
Bei der Abwägung zwischen den Interessen des effektiven Rechtsschutzes gegenüber
der Schutz der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse ist auch die Möglichkeit des
Ausschlusses der Öffentlichkeit und eine Geheimhaltungsverpflichtung der Parteien
zu berücksichtigen.
BGH, Urt. v. 08.07.2009 - VIII ZR 314/07
1. Es ist offen, ob die von der Beklagten angebotene Beweisführung ausreichen wird,
um die Überzeugung des Tatrichters von einer Bezugskostensteigerung in dem von der
Beklagten behaupteten Umfang zu begründen (§ 286 ZPO). Sollte es im weiteren
Verlauf des Rechtsstreits - beispielsweise aufgrund eines von der Beklagten
angebotenen Sachverständigenbeweises - darauf ankommen, macht die Revision
allerdings ohne Erfolg geltend, die Beklagte müsse im Rechtsstreit uneingeschränkt
ihre gesamte Kalkulation offen legen. Das hängt vielmehr davon ab, bezüglich
welcher Daten im Einzelnen ein geschütztes Interesse der Beklagten an der
Geheimhaltung gegenüber dem Gericht, einem Sachverständigen, den Klägern oder
der Öffentlichkeit besteht und inwiefern für die Beweisführung - auch unter
Berücksichtigung der Ergebnisse der beantragten Zeugenvernehmung - gerade solche
geschützten Daten einem Sachverständigen zugänglich gemacht werden müssten.
Dafür bedarf es gegebenenfalls weiteren substantiierten Sachvortrags der Beklagten,
bei Offenlegung welcher konkreten Geheimnisse sie welche Nachteile zu befürchten
hätte.
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Unterstellt, die Beklagte müsste im Rahmen der Beweiserhebung Daten offen legen,
an denen sie ein geschütztes Geheimhaltungsinteresse hat, bedürfte es sodann einer
Abwägung zwischen dem Gebot effektiven Rechtsschutzes und dem Schutz von
Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, die auf einen weitestgehenden Ausgleich
gerichtet sein muss. Dabei ist zunächst eine Inanspruchnahme der prozessualen
Möglichkeiten des Ausschlusses der Öffentlichkeit und der - strafbewehrten (§ 353d
Nr. 2 StGB) - Verpflichtung der Prozessbeteiligten zur Geheimhaltung nach § 172 Nr.
2, § 173 Abs. 2, § 174 Abs. 3 Satz 1 GVG in Betracht zu ziehen (vgl. Senatsurteil vom
19. November 2008, aaO, Tz. 47 m.w.N.).
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Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich dem nicht entgegenhalten, die
Beklagte sei nicht grundrechtsfähig, weil sie zu 100 Prozent der Stadt D. gehöre.
Selbst wenn die Beklagte sich nicht auf die Grundrechte aus Art. 12 und 14 GG
berufen könnte (vgl. dazu BVerfG, NJW1990, 1783 m.w.N.), bedeutete das nicht,
dass ihr Interesse an der Geheimhaltung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im
Sinne des § 172 Nr. 2 GVG von vornherein außer Betracht zu bleiben hätte. Denn das
vorstehend dargestellte Gebot der Abwägung und des Ausgleichs zwischen dem Gebot
effektiven Rechtsschutzes und dem Geheimnisschutz erfasst das rechtliche Interesse
am Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen unabhängig davon, ob dieses
auch verfassungsrechtlich abgesichert ist (vgl. BVerwGE 90, 96, 101 zur
Berücksichtigung der Belange einer Gemeinde als Grundstückseigentümerin in der
abfallrechtlichen Planfeststellung).
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Eine auf eine Bezugskostensteigerung gestützte Preiserhöhung kann allerdings
unbillig sein, wenn und soweit der Anstieg durch rückläufige Kosten in anderen
Bereichen ausgeglichen wird (BGHZ 172, 315, Tz. 26; Senatsurteil vom 19.
November 2008, aaO, Tz. 39). Auf diesen Gesichtspunkt sind die Parteien bisher nicht
eingegangen.
 
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