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Justus Kehrl
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Klausel zum Baubeginn in öffentlichen Ausschreibungen muss vergabekonform ausgelegt werden

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute darüber entschieden, wie die in den Ausschreibungsbedingungen eines öffentlichen Vergabeverfahrens enthaltene Klausel
" Beginn der Ausführung spätestens 12 Werktage nach Zuschlagserteilung"
auszulegen ist.
Der Auftragnehmer verlangt von der beklagten Bundesrepublik Deutschland u. a. deshalb eine Mehrvergütung, weil sich nach seiner Auffassung infolge einer Verschiebung des in einer öffentlichen Ausschreibung vorgesehenen Zuschlagstermins um mehrere Monate auch die vorgesehene Bauzeit geändert habe und infolgedessen die Baukosten gestiegen seien.


Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle
Nr. 180/2009
Klausel zum Baubeginn in öffentlichen Ausschreibungen
muss vergabekonform ausgelegt werden
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute darüber entschieden, wie die in den
Ausschreibungsbedingungen eines öffentlichen Vergabeverfahrens enthaltene Klausel
" Beginn der Ausführung spätestens 12 Werktage nach Zuschlagserteilung"
auszulegen ist.
Der Auftragnehmer verlangt von der beklagten Bundesrepublik Deutschland u. a. deshalb eine
Mehrvergütung, weil sich nach seiner Auffassung infolge einer Verschiebung des in einer
öffentlichen Ausschreibung vorgesehenen Zuschlagstermins um mehrere Monate auch die
vorgesehene Bauzeit geändert habe und infolgedessen die Baukosten gestiegen seien. Die
Parteien haben über die Auslegung der oben genannten Klausel gestritten, die so oder in
ähnlicher Form in vielen öffentlichen Ausschreibungen zu finden ist. Die Beklagte vertrat die
Auffassung, die vorgesehene Bauzeit habe sich nicht geändert. Der Beginn der Ausführung
solle nach dieser Klausel an die tatsächliche Zuschlagserteilung geknüpft sein. Der
Auftragnehmer meinte hingegen, Anknüpfungspunkt für den Baubeginn sei der in der
Ausschreibung vorgesehene Zuschlagstermin, so dass dessen Verschiebung auch zu einer
Verschiebung der vertraglich vorgesehenen Bauzeit geführt habe.
Der für das Werkvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat hat entschieden, dass der Baubeginn
an die ausgeschriebene Zuschlagsfrist anknüpft, wenn – wie hier - der Zuschlag erst nach
Ablauf der in den Ausschreibungsbedingungen festgelegten Zuschlagsfrist erfolgt. Eine
andere Auslegung sei nicht möglich, weil sie gegen § 9 Nr. 2 VOB/A verstieße. Nach dieser
Regelung darf dem Bieter kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet werden für Umstände
und Ereignisse, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einwirkung auf die Preise und Fristen
er nicht im Voraus schätzen kann. Ein derartiges unwägbares Risiko hätte die Beklagte den
Bietern auferlegt, wenn der vertraglich an den Zuschlag gekoppelte Ausführungsbeginn über
den in den Ausschreibungsbedingungen vorgesehenen Zuschlagstermin hinaus völlig offen
bliebe. Denn dann könnte eine Preiskalkulation nicht mehr auf verlässlichen Bauterminen,
sondern nur auf Mutmaßungen aufbauen.
Auf dieser Grundlage ist es zu einer Verschiebung der vertraglich vorgesehenen Bauzeit
gekommen, so dass der Vertrag durch eine nachträgliche Vereinbarung der Parteien oder
durch ergänzende Vertragsauslegung an die tatsächlichen Verhältnisse anzupassen und der
Mehrvergütungsanspruch dem Grunde nach gerechtfertigt ist (unter Bezugnahme auf das
Senatsurteil vom 11. Mai 2009 – VII ZR 11/08).
Urteil vom 10. September 2009 – VII ZR 152/08
LG Essen – Urteil vom 15. November 2007- 4 O 168/07
OLG Hamm – Urteil vom 26. Juni 2008 – 21 U 17/08
Karlsruhe, den 11. September 2009
 
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