Banken haften u. U. für die Erbschaftsteuer / BFH Urteil mit weitreichenden Folgen für Kreditinstitute
(Stuttgart) Banken und Versicherungen haften nach einem am 15.07.2009 veröffentlichten Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) als Gewahrsamsinhaber u. U. für die Erbschaftsteuer bei Auszahlung des Vermögens aufgrund eines Vertrags zugunsten Dritter auf den Todesfall.
Darauf verweist der Ingelheimer Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Christian Schumacher von der Deutschen Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. (DANSEF) mit Sitz in Stuttgart unter Hinweis auf das am 15.07.2009 veröffentlichte Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. März 2009. Az. II R 51/07.
In dem Fall unterhielt der im März 2001 verstorbene Erblasser bei der Klägerin), einem inländischen Kreditinstitut, ein Spar- und ein Girokonto, die beim Eintritt des Erbfalls Guthaben in Höhe von jeweils rd. 100 000 DM aufwiesen. Während das Girokonto in den Nachlass fiel, erhielt die in den USA wohnende Alleinerbin das Sparkonto sowie ein Konto des Erblassers bei einem anderen inländischen Kreditinstitut mit einem Guthaben von rd. 18 000 DM aufgrund von Verträgen zugunsten Dritter auf den Todesfall, die der Erblasser mit dem jeweiligen Kreditinstitut geschlossen hatte.
Das Finanzamt berücksichtigte bei der Ermittlung des Nachlasswerts die Guthaben auf den drei Konten als Erwerb von Todes wegen und setzte die Erbschaftsteuer gegen die Erbin auf 22 319,94 € (43 654 DM) fest. Die Erbin bezahlte die Erbschaftsteuer nicht. Ein Pfändungsversuch des Finanzamts bei der Klägerin, dem deutschen Kreditinstitut, blieb erfolglos, weil diese die Guthaben auf den bei ihr geführten Konten an die Erbin ausgezahlt bzw. überwiesen hatte.
Das Finanzamt erließ daraufhin gegen die Bank den Haftungsbescheid vom 29. Juli 2004 über die gegen die Erbin festgesetzte Erbschaftsteuer. Einspruch und Klage der Bank hiergegen blieben erfolglos, ebenso wie nun auch die Revision vor dem BFH, betont Schumacher.
Das Finanzgericht habe zu Recht angenommen, dass die Bank aufgrund der Auszahlung des Guthabens auf dem Girokonto für die Erbschaftsteuer auf den gesamten Erwerb von Todes wegen hafte.
Gemäß § 20 Abs. 6 Satz 2 ErbStG haften Personen, in deren Gewahrsam sich Vermögen des Erblassers befindet, für die Erbschaftsteuer, soweit sie das Vermögen vorsätzlich oder fahrlässig vor Entrichtung oder Sicherstellung der Steuer außerhalb des Geltungsbereichs des ErbStG wohnhaften Berechtigten zur Verfügung stellen. Die Vorschrift soll verhindern, dass ein - da sich Nachlassvermögen im Inland befindet - zunächst realisierbarer Steueranspruch vereitelt wird. Zu diesem Zweck mutet das Gesetz dem (inländischen) Gewahrsamsinhaber eine Art Garantenstellung zu, die bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Verletzung zur Haftungsfolge führt. Zur Vermeidung der Haftungsfolge ist der Gewahrsamsinhaber daher gehalten, vor einer Aushändigung der Vermögensgegenstände an den Erben zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 20 Abs. 6 Satz 2 ErbStG vorliegen, und ggf. die Herausgabe an diesen zu verweigern. Die Haftungsvorschrift des § 20 Abs. 6 Satz 2 ErbStG greift auch dann ein, wenn ein Kreditinstitut Guthaben auf einem bei ihm bestehenden Konto des Erblassers einem nicht im Geltungsbereich des ErbStG wohnhaften Berechtigten zur Verfügung stellt.
Sind die Voraussetzungen für die Haftung eines Kreditinstituts nach § 20 Abs. 6 Satz 2 ErbStG erfüllt, weil es das Guthaben auf einem in den Nachlass gefallenen Konto des Erblassers zumindest fahrlässig dem nicht im Geltungsbereich des ErbStG wohnenden Erben zur Verfügung gestellt hat, beschränkt sich die Haftung nicht auf die Steuer, die auf das Guthaben oder den Nachlass entfällt. Vielmehr haftet die Bank bis zur Höhe des ausgezahlten Betrags für die Steuer auf den gesamten an den Erben gefallenen Erwerb von Todes wegen einschließlich der Vermögensvorteile, die der Erbe aufgrund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrags bei dessen Tod unmittelbar erworben hat und die gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG als Erwerb von Todes wegen gelten. Eine derartige umfassende Haftung entspricht dem Sinn und Zweck der Vorschrift, die eine Vereitelung des zunächst durchsetzbaren Steueranspruchs vermeiden soll.
Im vorliegenden Fall habe die Bank der Erbin das Guthaben auf dem Girokonto zur Verfügung gestellt, ohne zuvor zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 20 Abs. 6 Satz 2 ErbStG erfüllt sind, insbesondere ohne eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts eingeholt zu haben, und dadurch schuldhaft gehandelt. Das an die Erbin ausgezahlte Guthaben auf dem Girokonto hätte ausgereicht, um die Erbschaftsteuer zu begleichen.
Die Haftung eines inländischen Kreditinstituts für die Erbschaftsteuer eines nicht im Geltungsbereich des ErbStG wohnhaften Erben gemäß § 20 Abs. 6 Satz 2 ErbStG erstreckt sich bis zur Höhe des ausgezahlten Betrags auf die Erbschaftsteuer für den gesamten dem Erben angefallenen Erwerb von Todes wegen einschließlich eines Erwerbs aufgrund eines Vertrags zugunsten Dritter auf den Todesfall.
Soweit die Haftung des Kreditinstituts gemäß § 20 Abs. 6 Satz 2 ErbStG auch dann eingreift, wenn der nicht im Geltungsbereich des ErbStG wohnhafte Berechtigte nicht Erbe ist, sondern Vermögen ausschließlich aufgrund eines Vertrags zugunsten Dritter auf den Todesfall erworben hat, ist das für die Haftung erforderliche Verschulden nur anzunehmen, wenn das Kreditinstitut dem Berechtigten das Vermögen nach Veröffentlichung des Urteils vom 12. März 2009 II R 51/07 zur Verfügung stellt.
Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Schumacher empfahl, dieses Urteil zu beachten und ggfs. Rechts- und Steuerrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die auf Erb- und Erbschaftsteuerrecht spezialisierten Anwältinnen und Anwälte sowie Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V - www.dansef.de - verwies, in der bundesweit mehr als 700 Rechtsanwälte und Steuerberater organisiert sind.
Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung:
Christian Schumacher
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