Fehlendes Testament sorgt häufig für Überraschungen
(Nürnberg) Jahr für Jahr werden in Deutschland rd. 200 Milliarden Euro verschenkt oder vererbt. Gleichwohl hinterlassen nach Schätzungen nur rd. ein Drittel aller Bundesbürger nach ihrem Tode auch ein Testament.
Dies, so der Steuerberater Rechtsanwalt Michael Henn, Vizepräsident der Deutschen Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. in Nürnberg, sorgt nach dem Tode des Erblassers bei den Hinterbliebenen häufig für Überraschungen, denn: Nicht immer erben ohne Testament diejenigen Familienangehörigen, die es auch erwartet hätten. Bei der sogenannten gesetzlichen Erbfolge, also dann, wenn der Erblasser kein Testament hinterlassen hat, wird der Erblasser kraft Gesetzes von seinem Ehegatten und seinen Verwandten beerbt, erläutert Erbrechtsexperte Henn. Die Erbfolge der Verwandten richte sich dabei nach sogenannten Ordnungen, wobei ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung alle Verwandten nachrangiger Ordnungen ausschließe. Beispiel: Kinder, Enkel, usw. (Erben I. Ordnung) schließen Verwandte der II. Ordnung (Eltern, Geschwister, usw.) von der Erbfolge aus. Für diese Ordnungen gelte folgende Reihenfolge, wobei die jeweils zuerst Genannten innerhalb einer Ordnung die nachfolgend Genannten ausschließen, wenn sie zum Zeitpunkt des Erbfalles leben.
I. Ordnung: Kinder, Enkel, Urenkel, usw.
II. Ordnung: Eltern und deren Abkömmlinge, also Geschwister, Nichten, Neffen, usw.
III. Ordnung: Großeltern und deren Abkömmlinge, also Onkel, Tanten, Vettern und Cousinen
IV./V. Ordnung: Urgroßeltern und Voreltern sowie deren Abkömmlinge.
Der Ehegatte hat ein besonderes Erbrecht. Neben Verwandten der I. Ordnung (Kinder, Enkel, pp.) erhält er die Hälfte des Erbes; neben Verwandten der II. Ordnung (Eltern und deren Abkömmlinge) sowie neben Großeltern erhält er drei Viertel des Erbes. Also nur dann, wenn der Erblasser weder Abkömmlinge, auch nichteheliche, Eltern, Geschwister und deren Abkömmlinge, noch Großeltern hinterlassen hat, erhält der überlebende Ehegatte die ganze Erbschaft allein, betont Henn.
In diesen Fällen entstehen häufig für den überlebenden Ehegatten die so ungeliebten Erbengemeinschaften, bei keiner der Erben allein über das Erbe verfügen kann, bestätigt auch sein Brühler Vorstandskollege, Rechtsanwalt Dr. Lutz Förster. Welche Erbenkonstellationen ohne Hinterlassung eines Testaments bei gesetzlicher Erbfolge für den überlebenden Ehegatten möglich sind, erläutert Förster anhand einiger Beispiele: Der Ehemann verstirbt und hinterlässt seine Ehefrau und zwei Kinder. Gesetzliche Erbfolge: Die Ehefrau erbt die Hälfte, die beiden Kinder zu je ein Viertel Anteil. Der Ehemann hinterlässt seine Ehefrau und einen Sohn. Die Tochter ist vorverstorben, hatte jedoch zwei Kinder (Enkel des Erblassers). Gesetzliche Erbfolge: Die Ehefrau erbt zur Hälfte, der Sohn erhält ein Viertel und die beiden Enkelkinder je ein Achtel.
Besonders ausufernd, so Förster, kann die Erbfolge sein, wenn keine Kinder aus der Ehe hervorgegangen sind. Dazu macht der Erbrechtsexperte folgendes Beispiel: Der Ehemann hinterlässt seine Ehefrau, jedoch keine Kinder. Die Mutter lebt noch sowie eine Schwester. Der Vater ist bereits vorverstorben, ebenso ein Bruder, der jedoch zwei Kinder (Nichten und Neffen des Erblassers) hinterlässt. Gesetzliche Erbfolge in diesem Fall: Die Ehefrau erhält drei Viertel, die Mutter ein Achtel, die Schwester ein Sechszehntel sowie die beiden Nichten/Neffen des vorverstorbenen Bruders je ein Zweiunddreißigstel Anteil. Es liegt auf der Hand, so betonen beide Erbrechtsexperten unisono, dass mit derartigen Erbkonstellationen häufig auch - gerichtlicher Streit einhergehe. Vor diesem Hintergrund empfehlen beide, sich rechtzeitig zu Lebzeiten Gedanken über die Erbfolge zu machen und unter rechtskundiger Beratung ein Testament abzufassen.
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