Studiengebühren sind Mehrbedarf
Im regelmäßigen Unterhalt eines volljährigen Kindes sind Studiengebühren nicht enthalten. Sie sind als Mehrbedarf zusätzlich zu entrichten. OLG Zweibrücken, Urt. v. 23.12.2008 — 11 UF 5 19/08
Sachverhalt:
Die Klägerin ist die volljährige Tochter des Beklagten; sie studiert Jura und lebt am Studienort. Vom Beklagten verlangt sie die Zahlung laufenden Kindesunterhalts und zusätzlich der Studiengebühren von 602 € pro Semester (Studentenwerks- sowie Verwaltungskostenbeitrag). Das Amtsgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Mit seiner Berufung macht der Beklagte u. a. geltend, er sei erneut verheiratet. Außerdem müsse auch die Mutter der Klägerin anteilig zum Unterhalt herangezogen werden.
Entscheidung:
Das OLG Zweibrücken folgt der Auffassung des Klägers nicht. Zunächst ermittelt es den Unterhaltsbedarf der auswärts lebenden Studentin mit 640 € im Monat und zieht das volle Kindergeld bedarfsdeckend ab. Die Studiengebühren sind hierin jedoch nicht enthalten und stellen unterhaltsrechtlichen Mehrbedarf dar, der allerdings für die Vergangenheit nur unter den Voraussetzungen des Verzugs verlangt werden kann. Eine Mithaftung der Kindesmutter sieht das OLG Zweibrücken als nicht gegeben an, da sie über keine eigenen Einkünfte verfüge. Eine Zurechnung fiktiver Einkünfte komme im Verhältnis zwischen volljährigem Kind und Eltern nicht zum Zug. Dem auf Barunterhalt in Anspruch Genommenen bleibe deshalb nur die Möglichkeit, über die Vorschrift des § 1607 Abs. 2 Satz 1 BGB Ersatz vom anderen Elternteil zu verlangen. Auch aus der neueren BGH-Rechtsprechung ergebe sich nichts anderes, da diese die Bemessung des Ehegattenunterhalts betreffe und nur insoweit auch den Vorwegabzug fiktiven Volljährigenunterhalts zulasse. Die Unterhaltszahlungen des Beklagten hätten auch die ehelichen Lebensverhältnisse in seiner neuen Ehe bestimmt. Hierbei sei der Vorrang der Ehefrau zu beachten (deren Bedarf hier allerdings durch Eigeneinkünfte gedeckt sei).
Praxishinweise:
1. Der Unterhaltsbedarf des volljährigen Kindes, das ausbildungs- oder studienhalber auswärts lebt, beträgt grundsätzlich 640 € im Monat (DT Anm. 7).
2. Das Kindergeld ist in vollem Umfang bedarfsdeckend abzuziehen
3. Die Studiengebühren sind im laufenden Unterhalt nicht enthalten (vgl. SüdL Nr. 13.1.2).
4. Der Unterhaltsbedarf hat mit dem Unterhaltsrang nichts zu tun.
Deshalb sind bestehende Unterhaltsverpflichtungen grundsätzlich auch im Verhältnis zum neuen Ehegatten zu berücksichtigen. Das findet seine Grenze in den Fällen mangelnder oder eingeschränkter Leistungsfähigkeit. Dann ist zuerst der vorrangige Unterhaltsanspruch zu erfüllen, bevor auch nachrangige Ansprüche zum Zug kommen.
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