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Michael Henn
Dr. Gaupp & Coll. Rechtsanwälte
Gerokstrasse 8
70188 Stuttgart


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10 Urteile, die Ihre Leser interessieren könnten

zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart




I.
Fristlose Kündigung bei Zerrüttung des Mietverhältnisses
BGH, Urteil vom 29.11.2023 – VIII ZR 211/22

Im Wohnraummietrecht reicht eine Zerrüttung des Mietverhältnisses im Sinne einer Zerstörung der das Schuldverhältnis tragenden Vertrauensgrundlage allein, ohne dass festgestellt werden kann, dass diese zumindest auch durch ein pflichtwidriges Verhalten des anderen Vertragsteils verursacht worden ist, grundsätzlich nicht aus, um einer Mietvertragspartei ein Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses gemäß § 543 Abs. 1 BGB zuzubilligen.

II.
Inflationsausgleichsprämie - Stichtagsklausel - Gleichbehandlung befristet beschäftigter Arbeitnehmer
Arbeitsgericht Stuttgart, Urteil vom 14.11.2023 – 3 Ca 2713/23

1. Dem Charakter der Inflationsausgleichsprämie steht es nicht entgegen, wenn diese abhängig von der zukünftigen Betriebszugehörigkeit gewährt wird.

2. Die Gewährung einer Sonderzahlung kann von der zukünftigen Betriebszugehörigkeit abhängig gemacht werden. Dabei darf die Betriebstreue befristet beschäftigter Arbeitnehmer nicht anders bewertet werden als die vergleichbarer unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer (§ 4 Abs. 2 TzBfG). Die Prognose, unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer stünden weiterhin in einem Arbeitsverhältnis, während das Ausscheiden befristet beschäftigter Arbeitnehmer feststehe, rechtfertigt eine unterschiedliche Behandlung jedenfalls dann nicht, soweit sich der Bezugszeitraum für die Betriebstreue auf ein Jahr (hier: 2023) bezieht.

III.
Rechtsweg - Corona-Sonderleistung für Pflegefachkräfte in Krankenhäusern
BAG, Beschluss vom 12.01.2024 – 9 AZB 23/23

Für Rechtsstreitigkeiten über Corona-Sonderleistungen für Pflegefachkräfte in Krankenhäusern nach § 26e Abs. 2 Satz 1 KHG ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

IV.
Partnerschaftsgesellschaft
LG Stuttgart, Urteil vom 23.01.2024 – 49 O 142/23

1. § 6 Abs. 2 PartGG schließt eine (vorübergehende) Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis für den Bereich der freiberuflichen Tätigkeiten nicht aus. Unter Berücksichtigung besonderen Schutzes der Geschäftsführung in beruflichen Angelegenheiten in Freiberuflergesellschaften kann im Einzelfall eine Entziehung der gesamten Geschäftsführung gerechtfertigt sein.

2. Eine Entziehung der gesamten Geschäftsführung ist insbesondere dann zulässig, wenn den übrigen Gesellschaftern eine Fortsetzung der Geschäftsführung im Namen der Partnerschaft im freiberuflichen Bereich nicht zumutbar ist.

3. Eine Entziehung der Geschäftsführung in der Partnerschaftsgesellschaft kann durch Beschluss erfolgen. Das in § 6 Abs. 3 PartGG i.V.m. § 116 Abs. 5 HGB vorgesehene Verfahren der Entziehung durch gerichtliche Entscheidung ist dispositiv, vorrangig gelten etwaige Regelungen des Gesellschaftsvertrags.

4. Bereits der Verdacht rechtwidrigen Handelns im Rahmen eines laufenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens kann einen wichtigen Grund darstellen, der die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis rechtfertigt.

5. Ein Gesellschafter, dem von dritter Seite rechtswidriges Handeln vorgeworfen wird, muss auf Grund seiner Treuepflicht seine Mitgesellschafter zutreffend und vollständig über solche Umstände informieren, die deren Vermögensinteressen tangieren. Er kann sich dabei weder auf die strafrechtliche Unschuldsvermutung noch auf den nemo-tenetur-Grundsatz berufen.

6. Erteilt ein Gesellschafter seinen Mit-Gesellschaftern entgegen seiner Treuepflicht bestimmte Auskünfte nicht, stellt dies gegebenenfalls einen wichtigen Grund für eine Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht dar.

V.
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit - Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH - SG Landshut, Urteil vom 11.01.2024 – S 1 BA 23/23

Ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, der 50 vH der Anteile am Stammkapital hält, ist ausnahmsweise dann nicht selbstständig, wenn dem anderen Gesellschafter bei Stimmengleichheit (Pattsituation) das Recht zusteht, im Wege eines Stichentscheides eine Entscheidung in der Gesellschafterversammlung herbeizuführen.

VI.
Anspruch auf eidesstattliche Versicherung bei notariellem Nachlassverzeichnis; Vorbehalt beschränkter Erbenhaftung bei Stufenklage
OLG Bamberg, Beschluss vom 29.12.2023 – 2 U 5/23

1. Von § 260 Abs. 2 BGB wird auch das vom Notar erstellte Nachlassverzeichnis erfasst.

2. § 260 Abs. 2 BGB setzt nur einen Verdacht der Unvollständigkeit der Rechnungslegung und mangelnder Sorgfalt voraus. Der Verdachtsgrund kann sich – wie zumeist – aus der Auskunftserteilung selbst ergeben, aber auch auf anderen Umständen beruhen, beispielsweise auf einer früheren Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit von Informationen des Verpflichteten.

3. Der Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung gemäß § 780 ZPO kann nicht schon in der zweiten Stufe (eidesstattliche Versicherung) einer Stufenklage geltend gemacht werden. Die Beschränkung bzw. Beschränkbarkeit der Erbenhaftung gehört zum Hauptanspruch auf Leistung gegen den Erben, nicht zu vorbereitenden Nebenansprüchen. Er ist als Einrede gegen ersteren geltend zu machen und folglich erst mit diesem zur Entscheidung reif.

VII.
Zu den Anforderungen an ein elektronisches Fahrtenbuch
BFH, Beschluss vom 12.01.2024 – VI B 37/23

NV: Ein Fahrtenbuch muss in geschlossener Form geführt werden. Eine mit Hilfe eines Computerprogramms erzeugte Datei genügt diesen Anforderungen nur, wenn nachträgliche Veränderungen an den zu einem früheren Zeitpunkt eingegebenen Daten nach der Funktionsweise des verwendeten Programms technisch ausgeschlossen sind oder zumindest in ihrer Reichweite in der Datei selbst dokumentiert und offen gelegt werden.

VIII.
Zur Räum- und Streupflicht der öffentlichen Hand
OLG Celle, Urteil vom 07.02.2024 – 14 U 105/23

1. Die Räum- und Streupflicht besteht nicht uneingeschränkt. Sie steht vielmehr unter dem Vorbehalt des Zumutbaren, wobei es auch auf die Leistungsfähigkeit des Sicherungspflichtigen ankommt.

2. Entsteht eine Glätte erst im Laufe des Tages, muss dem Pflichtigen ein angemessener Zeitraum zur Verfügung stehen, um die erforderlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Glätte einzuleiten.

3. Der Pflichtige hat dabei zu priorisieren und insoweit belebte, über Fahrbahnen führende Fußgängerwege vorrangig vor unbedeutenden Nebenstraßen zu sichern.

IX.
Löschung von Eintragungen in Bewerberbewertungsportal
OLG Hamburg, Beschluss vom 08.02.2024 – 7 W 11/24

Auch für die Zulässigkeit von Bewertungen in einem Arbeitgeber-Bewertungsportal kommen die vom Bundesgerichtshof für die Haftung des Betreibers eines Internet-Bewertungsportals entwickelten Grundsätze (BGH, Urt. v. 9. 8. 2022, Az. VI ZR 1244/20, NJW 2022, S. 3072 ff.) vollen Umfangs zum Tragen.

Die Erhebung einer Vielzahl von Rügen eines Bewerteten gegen Bewertungen in einem Bewertungsportal, die jeweils darauf gestützt werden, dass ein geschäftlicher Kontakt zwischen dem Bewerter und dem Bewerteten nicht bestanden hat, begründet allein nicht den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs. Das gilt auch dann, wenn der Bewertete sich dabei von einer Rechtsanwaltskanzlei vertreten lässt, die offensiv damit wirbt, gegen Zahlung pauschalierter Festhonorare gegen Einträge in Bewertungsportalen vorzugehen.

Der Bewertete kann die Löschung der Bewertung verlangen, wenn der Portalbetreiber den Bewerter ihm gegenüber nicht so individualisiert, dass er das Vorliegen eines geschäftlichen Kontaktes überprüfen kann. Das gilt auch dann, wenn der Portalbetreiber einwendet, aufgrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen diese Individualisierung nicht vornehmen zu dürfen.

X.
Gesetzlicher Mindestlohn - Sonderzahlung - Urlaubsgeld - vermögenswirksame Leistungen - Weihnachtsgeld
LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.01.2024 – 3 Sa 4/23

Die Zweifelsregelung in § 271 Abs. 2 BGB gestattet es einem Arbeitgeber nicht, eine dem Arbeitnehmer bisher zustehende jährliche Einmalzahlung wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld kraft einseitiger Entscheidung stattdessen in anteilig umgelegten monatlichen Teilbeträgen zu gewähren, um sie pro rata temporis auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechnen zu können.

Der Begriff des Barvermögens umfasst heutzutage das gesamte Geld, das sofort, also auch über eine Kartenzahlung, verfügbar ist. Wertpapiere fallen nicht unter den Begriff des Barvermögens. Vielmehr werden Wertpapiere durch den erweiterten Begriff des Kapitalvermögens mit abgedeckt, der das Barvermögen einschließlich weiterer Kapitalwerte in Geld beschreibt.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Michael Henn
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Schriftleiter mittelstandsdepesche
Rechtsanwälte Dr. Gaupp & Coll.
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Tel.: 0711/ 30 58 93-0Fax: 0711/ 30 58 93-11
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